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Magazin Ausgabe 01/2024
01/2024
16. Februar 202416.02.24
Zehn Fakten zum chemischen Pflanzenschutz
Bundesverband der Maschinenringe e.V

Die Zahl der zugelassenen Wirkstoffe geht kontinuierlich zurück. Fachverbände wie der IVA halten den chemischen Pflanzenschutz für unverzichtbar. Die Öffentlichkeit blickt mit großer Skepsis darauf – oft auch aus Unwissenheit.

Foto: AdobeStock

Wie viele Pflanzenschutzmittel sind eigentlich zugelassen?

  • Die Zahl der amtlich zugelassenen Mittel ist in Deutschland bis 2020 laut Industrieverband Agrar auf 872 angestiegen. Das liegt vor allem daran, dass sich dahinter oft ähnliche oder identische Mittel verbergen.
  • Entscheidender ist jedoch die Zahl der Wirkstoffe und die der unterschiedlichen Wirkmechanismen. Nach Angaben der European Crop Protection Association waren im Jahr 2000 in Europa noch fast 1000 verschiedene Wirkstoffe zugelassen. Heute sind es weniger als 300.
  • Ob es zu viele oder zu wenige Pflanzenschutzmittel gibt, will die neue Engpass-Analyse im Pflanzenschutz-Informationssystem „PS Info“ beantworten und bietet einen kostenlosen Faktencheck zu aktuellen und historischen Zulassungen. Damit sei eine fachlich informierte Debatte möglich, informiert der Herausgeber, das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße. Die Engpass-Analyse ist unter verfügbar unter www.pflanzenschutz-information.de.

Wieso zeigt der Trend bei den Neu- und Wiederzulassungen nach unten?

  • Die Zulassungsanforderungen sind strenger geworden.
  • Das Zulassungsverfahren wird aufgrund des zunehmenden politischen Einflusses schlechter vorhersehbar.
  • Die Zulassungsbehörden sind aufgrund der steigenden Anforderungen überlastet. Es entsteht oft ein mehrjähriger Zulassungsstau.
  • Die Entwicklung eines neuen Produkts dauert rund 11 Jahre und kostet etwa 250 Millionen Euro. Die Unternehmen der Agrarchemie scheuen das zeitliche und finanzielle Risiko neuer Entwicklungen und Zulassungsanträge.

Welche wichtigen Kriterien müssen Pflanzenschutzmittel für die Zulassung erfüllen?

  • Es müssen für die entsprechenden Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse Rückstandshöchstgehalte festgesetzt sein.
  • Das Mittel muss hinreichend wirksam sein und darf keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse haben.
  • Das Mittel darf als Folge der Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit, das Grundwasser und die Umwelt haben.
  • Es wird festgestellt, ob die vorgesehene Anwendung des Pflanzenschutzmittels unbedenklich ist, aber nicht ob das Pflanzenschutzmittel unbedenklich ist.

Wie werden Rückstandshöchstgehalte festgelegt?

  • Rückstandshöchstgehalte werden so niedrig festgesetzt, dass sie kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellen.
  • Gleichzeitig werden sie nie höher festgesetzt als es bei Beachtung aller für die beantragten Pflanzenschutzmittel-Anwendungen festgelegten Bedingungen nach den Regeln der „Guten Landwirtschaftlichen Praxis“ erforderlich ist.
  • Eine Grundlage für die Festsetzung sind Rückstandsversuche. Die Versuche sind so angelegt, dass die kritischste vorgesehene Anwendung geprüft wird. Also die höchste zulässige Applikationsmenge, die höchste zulässige Zahl von Applikationen, der späteste zulässige Anwendungszeitpunkt sowie die kürzeste Wartezeit zwischen letzter Anwendung und Ernte.
  • Aus den Versuchsergebnissen wird abgeleitet, welche (unvermeidlichen) Rückstände im Erntegut verbleiben und - wenn keine Hinweise auf ein Verbraucherrisiko bestehen - werden entsprechende Rückstandshöchstgehalt vorgeschlagen.

Wer entscheidet über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln?

  • Der erste Schritt ist die Genehmigung des Wirkstoffs in einem Pflanzenschutzmittel auf europäischer Ebene. Das geschieht in einem mehrstufigen Verfahren. Daran sind die Mitgliedsstaaten, die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA und auch die Öffentlichkeit beteiligt.
  • Im zweiten Schritt werden die fertig formulierten Pflanzenschutzmittel mit dem genehmigten Wirkstoff in den einzelnen Mitgliedsländern zugelassen. In Deutschland ist dafür das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zuständig. Es entscheidet auf Basis von Bewertungen des Umweltbundesamts (UBA), des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Julius Kühn-Instituts (JKI). Die Zulassung dauert insgesamt etwa drei bis vier Jahre.

Wie geht es weiter mit Pflanzenschutzmitteln?

  • Der politische Druck in Richtung restriktivere Zulassung und Minimierung des Pflanzenschutzeinsatzes bleibt erhalten. Das wird unter anderem mit dem immer stärker gewichteten Vorsorgeprinzip begründet. Die Ackerbaustrategie von Landwirtschaftsministerin Klöckner und der Green Deal der neuen EU-Kommission sind Beispiele dafür.
  • Landwirte werden ihre Pflanzen immer schützen müssen. Die Frage ist, welcher Weg dafür am besten ist. Ob die Digitalisierung oder autonome Helfer bei der Unkrautbekämpfung den Einsatz der chemischen Produkte deutlich senken können, bleibt abzuwarten.
  • Wenn Kulturen nicht mehr ausreichend oder mit deutlich mehr Aufwand geschützt werden können (Beispiel Raps, Pflanzkartoffeln), werden sie aufgegeben. Steigende Importe sind die logische Konsequenz. Damit hat unsere Politik vermeintliche oder tatsächliche Probleme nur auf den ersten Blick gelöst. Es wird in Zukunft mehr denn je darauf ankommen, für faire und transparente Wettbewerbsbedingungen in der Landwirtschaft und im internationalen Handel zu sorgen.

Quellen: IVA, BVL, BfR

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