Er bleibt stehen, oder?

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Ein Geständnis vorneweg: Mir ist es selbst schon passiert, dass sich der Schlepper selbstständig gemacht hat, nachdem ich ausgestiegen war. Mit viel Glück ist nichts passiert. Der Vorfall hat mich trotzdem sehr beschäftigt: Wie konnte das überhaupt passieren?

Um es gleich zu sagen: die Technik hat ordnungsgemäß funktioniert. Der Fahrer – also ich – war das Problem. Es ist beim Güllefahren passiert, wo wir Fahrer inzwischen sehr verwöhnt sind. Eine moderne Kabine mit viel Luxus ist Standard, ebenso wie ein Andockrüssel am Güllefass. Man muss also nicht mehr absteigen und mühsam den Saugschlauch ans Fass kuppeln, ebenso wenig braucht man eine Handbremse ziehen. Ich bin also, auf die automatische Bremse vertrauend, ausgestiegen, um mich mit dem Biogasler vor Ort abzustimmen – und da bewegte sich plötzlich das ganze Gespann ganz langsam …! Um zu erklären, wo das Problem lag, erst einmal ein Überblick zum Thema Wegroll-Hilfen. Viele moderne, meist stufenlose Schlepper sind inzwischen mit aktiven Stillstandsregelungen und/oder automatischen Parkbremssystemen ausgestattet. Beide elektronischen Helferlein sorgen dafür, dass der Schlepper nicht wegrollt und zuverlässig stehen bleibt.

Die aktive Stillstandsregelung ist dafür zuständig, dass bei laufendem Motor der Schlepper genau an der Stelle am Hang stehen bleibt, wo er angehalten wurde. Dies geschieht meist über die Getriebesteuerung, bei einigen Typen auch daran zu erkennen, dass der Schlepper ein wenig mit der Motordrehzahl hochgeht und minimal vor und zurückrollt, bis das Getriebe (bzw. der Triebsatz) die passende Position gefunden hat. Es wird nur der Schlepper vom Getriebe festgehalten. Die automatische Parkbremse sorgt dafür, dass automatisch die Feststellbremse aktiviert wird. Die Druckluftanlage wird angesteuert und ggf. der Anhänger mit gebremst.

VORSICHT BEI „NEUTRAL“-STELLUNG

Bei vielen Herstellern sind beide Systeme kombiniert, zuerst greift die aktive Stillstandsregelung, nach einer gewissen Zeit wird die automatische Parkbremse aktiviert. Alles funktioniert zuverlässig, solange man sich an die jeweiligen Bedienungskonzepte hält. Im Normalfall bedeutet dies, dass zum Beispiel automatisch das Getriebe bzw. die Bremse angesteuert wird, wenn der Fahrer aufsteht, also der Sitzkontaktschalter einen Impuls gibt. Dies bedeutet auch, dass beim Rangieren oder Ankuppeln der Fahrer sitzen bleiben muss. Will er auch nur ein klein wenig aufstehen, um besser auf die Unterlenker oder aufs Zugmaul zu sehen, wird der Schlepper angehalten. Es bedeutet ebenfalls, dass keinesfalls das Getriebe per Knopfdruck auf „Neutral“ gestellt werden darf, um zum Beispiel beim Ankuppeln der K80 eine kleine Längsbewegung beim Absenken der Deichsel zuzulassen. Es bedeutet auch, dass nach einem Motorneustart zumindest eine Fahrtrichtung vorgewählt werden muss, um das Getriebe „scharf zu stellen“. Bei manchen Typen muss auch mit dem PowerShuttle am Lenkrad auf die Mittelstellung geschaltet werden. Und was genau war das Problem bei mir? Eigentlich ganz einfach: Ich hatte während des Gülleansaugens kurz mit den Einstellungen des Schleppers gespielt und dabei wohl den „Neutral“-Knopf gedrückt. Damit war dem Schlepper nicht bewusst, dass er stehen bleiben soll, sobald der Fahrer vom Sitz aufsteht. Es ist also wie so oft: Der beste Schlepper kann nur so gut und zuverlässig sein, wie der Mensch, der darauf sitzt. Gute Information und Ausbildung ist in diesem Zusammenhang überlebenswichtig.

EINWEISUNG MUSS SEIN!

Wichtig: Es muss jedem Fahrer klar sein, mit welchen Wegroll-Hilfen der Schlepper überhaupt ausgestattet ist. Sonst kann es passieren, dass der Fahrer darauf vertraut, dass der Traktor automatisch stehen bleibt, wenn der Fahrer die Kabine verlässt. Und ohne aktive Stillstandsregelung bzw. automatische Parkbremse rollt der Schlepper schlimmstenfalls einfach los. Zudem gibt es herstellerspezifische Eigenheiten. Um hier Sicherheit zu haben, muss die jeweilige Funktionsweise bekannt sein. Hier ist der Fahrer in der Pflicht, sich zu informieren. Genauso ist der Unternehmer in der Pflicht, den Fahrern, egal ob Mitarbeiter, Betriebshelfer oder auch der Nachbar, der nur mal einen Tag aushilft, alle Informationen an die Hand zu geben. Und sie auch dazu zu unterweisen! Solltest Du Fragen haben, weitere Informationen benötigen oder auch konkret Unterstützung brauchen: Wende Dich bitte an Deine MR-Geschäftsstelle. Das Team vor Ort kann entweder direkt weiterhelfen, oder die notwendigen Kontakte herstellen. Für den Herbst und die letzten Feldarbeiten in diesem Jahr wünsche ich gute und unfallfreie Fahrt.