Zwei namensgleiche Cousins legen ihre Betriebe – einmal Ferkelaufzucht, einmal Schweinemast – zusammen. Während der eine Christian Wittlinger mit seinem Sohn Paul den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeit übernimmt, nutzt der andere Christian Wittlinger die frei gewordene Zeit für das, worin er besonders gut ist: Saatgutvermarktung, Pferdezucht – und viel ehrenamtliches Engagement, gerade auch im Maschinenring.
Es bleibt ja alles in der Familie“. Das macht es für Christian und Renate Wittlinger aus Eiselau unweit von Ulm leichter, die Verantwortung für ihren Schweinemast-Betrieb mehr und mehr abzugeben. Im Zusammenschluss mit dem namensgleichen Cousin Christian Wittlinger aus dem benachbarten Beimerstetten ist die „Tierhaltungs GbR“ entstanden, in der die Flächen aus beiden Betrieben bewirtschaftet werden. So verfügt die GbR über eine stabile Ausstattung von 150 Hektar – und hat einen engagierten Juniorchef, den 23-jährigen Paul Wittlinger aus Beimerstetten. Die vier Kinder von Christian und Renate Wittlinger aus Eiselau stehen alle auf eigenen Beinen, deshalb freut sich das Ehepaar über die Freude ihres Großneffen an der Landwirtschaft.
Im Gespräch mit den beiden wird schnell klar: Sie können loslassen, und das müssen sie auch. Denn auch ohne Schweinemast und Ackerbau haben sie mehr als genug zu tun. Beide arbeiten in Festanstellung (er ist noch bis zum Jahresende Berater für einen Saatguthersteller, sie Bildungsreferentin beim evangelischen Bildungswerk), sie züchten Dressurpferde und betreuen auf einem Teil ihrer Flächen ein Versuchsfeld mit Landessortenversuchen. Dazu kommt bei Christian Wittlinger viel ehrenamtliches Engagement, vor allem als Lokalpolitiker und im Maschinenring. Seit wenigen Monaten ist er der neue Vorsitzende im mehr als 28.000 Mitglieder starken Maschinenring-Landesverband Baden-Württemberg.
800 Mastplätze
Dass sich Christian und Renate Wittlinger immer weiter vom Schwerpunkt Veredelung entfernen würden, das war bei der Übernahme des Hofs 1996 noch nicht vorhersehbar. Die beiden Agraringenieure waren zunächst voll in die Schweinemast eingestiegen, so wie es sich mit den guten Ackerbaubedingungen in der schwäbischen Alb anbietet. 1999 bauten sie einen Stall mit gut 800 Mastplätzen. Neben der Leitung des eigenen Betriebs sind die beiden aber auch sehr gut darin zu beobachten, zu begleiten, zu beraten. Schon früh hat Christian Wittlinger angefangen, in Teilzeit bei einem großen Saatguthersteller zu arbeiten. Und weil er für die Beratung der Landwirte bestens geeignet ist, hat er diese Arbeit nie ganz aufgegeben, sondern stattdessen die Schweinemast in die Kooperation mit seinem Cousin überführt.
Digitale Lösungen
Zusätzlich zu den beruflichen Verpflichtungen ist der 59-Jährige in vielen Gremien aktiv. Er sitzt für die CDU im Kreistag, er ist seit neun Jahren Vorsitzender im Maschinenring Ulm-Heidenheim und seit einigen Monaten auch der Chef des Landesverbands Baden-Württemberg. Das heißt konkret: tägliche Telefonate, Sitzungen oder andere Termine. „Gerade beim Maschinenring bin ich in alle Aktivitäten eingebunden“, sagt Christian Wittlinger, „das macht viel Spaß, weil hier so viel auf die Beine gestellt wird. Es geht immer um die Frage: Was kann man noch machen, um die Landwirtschaft zu unterstützen?“
Wo es im regionalen Maschinenring Ulm-Heidenheim zum Beispiel um den Ausbau der Betriebshilfe, um die Verfügbarmachung der besten Technik für alle Mitglieder und um die Schaffung von zusätzlichen Einkommensquellen geht, da ist im Landesverband alles eine Nummer größer: Vor allem die Digitalisierung ist es, die Christian Wittlinger hier umtreibt. „Wir brauchen eine übergreifende Lösung, die weit über den einzelnen Ring hinausgeht“, sagt er dazu, „da muss die ganze Maschinenring-Organisation eng zusammenarbeiten. Was wir in Baden-Württemberg auf die Beine stellen, sollte auch im Bundesverband genutzt werden und umgekehrt.“
Das sieht man dort ganz genauso. „Für den einzelnen Betrieb stellt die Digitalisierung zunächst nicht mehr als das Modernisieren von Prozessen dar. Erst in der Gemeinschaft gelingt es, für jedes einzelne Mitglied die Arbeit leichter zu machen und Mehrwerte zu ermöglichen“, sagt Erwin Ballis, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Maschinenringe. Weil der Maschinenring so nah dran ist an den Landwirten, kommt für viele Projekte direkt Rückmeldung. Bei den Christian Wittlingers sogar sehr direkt: Der Beimerstetter Christian Wittlinger ist zum Beispiel in Kooperation mit dem Maschinenring Ulm-Heidenheim in die Produktion von „zertifiziertem Gütekompost“ eingestiegen und betreut jetzt zwei Sammelstellen, wo Rasen- und Heckenschnitt angeliefert wird.
Der Maschinenring arbeitet hierbei eng mit den örtlichen Kommunen und dem Landratsamt Alb-Donau-Kreis zusammen. Die beiden Cousins sind sich einig: Das Projekt ist gut durchdacht und hilft der regionalen Landwirtschaft.
Abschied von den Schweinen
Die Gesamtkonstellation bei den Wittlingers wirkt sehr harmonisch. Auch, wenn der Beimerstetter Christian Wittlinger seinen Cousin ein wenig aufzieht mit dessen umfangreicher Verbandsarbeit, dann kommt das sehr freundschaftlich rüber. Durch die gute Kooperation stehen die Vorzeichen für Junior Paul Wittlinger sehr gut, dem Betrieb eine neue Ausrichtung zu geben. Die Schweine will er sehr bald aufgeben und den Maststall für die Haltung von Legehennen umbauen. Die Nähe der Großstadt Ulm bietet Absatzmöglichkeiten, die nicht nur für den Verkauf der Eier, sondern zum Beispiel auch von Kartoffeln genutzt werden soll. Ein erster Versuch mit einem Verkaufsstand auf Selbstbedienungsbasis hat alle Erwartungen übertroffen, dieses Standbein wird also ausgebaut werden. Und auch den Umstieg auf Bio kann sich der Junior gut vorstellen. Sein Vater und sein Großonkel – also die beiden Christian Wittlingers – scheinen sich von der Ferkelaufzucht und der Mast leichten Herzens zu trennen. Es soll ja weitergehen, und mit den Schweinen stecken sie eher in einer Sackgasse. Sie unterstützen den Junior und wollen, dass sein Konzept aufgeht. Wenn sie darüber sprechen, schwingt aber auch die Angst mit, dass es mit der Bioproduktion und der Direktvermarktung genauso gehen könnte wie mit dem Schweinefleisch: Erst gehyped, dann in einem harten Preiskampf fast ruiniert.
Die Überstützung der beiden Christian Wittlingers ist dem angehenden Landbau-Techniker Paul jedenfalls sicher: Sein Vater, der Beimerstetter Christian Wittlinger, hilft ihm praktisch, im Stall und auf den Feldern. Und der Eiselauer Christian Wittlinger, sein Onkel, arbeitet an den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. „Dafür haben wir ja schließlich Leute wie ihn“, meint sein Cousin mit einem Grinsen und scheint in diesem Moment mit seiner Rolle in der Maschinenhalle vollauf zufrieden zu sein.