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13. Januar 202313.01.23

Die Renaissance der Hacke

Maschinenringe Deutschland GmbH

ie Ziele der EU in ihrer Farm-to- Fork-Strategie sind ambitioniert: Bis 2030 soll der Pflanzenschutzmitteleinsatz in den Mitgliedstaaten halbiert werden, und zwar durch mehr Präzisionslandwirtschaft, noch mehr integrierten Pflanzenschutz und innovative neue Verfahren zum Schutz der Kulturpflanzen. Auch der Wegfall bzw. die Nicht-Wiederzulassung von etablierten Wirkstoffen dürfte dazu beitragen, dass sich die ausgebrachten Mengen reduzieren. IMMER MEHR RAPSEINZELKORNSAAT Die Beschlüsse und deren mögliche Auswirkungen auf ihre Mitgliedsbetriebe haben auch Vorstand und Geschäftsführung des Maschinenrings Lübeck-Eutin Süd umgetrieben. Im südöstlichen Schleswig- Holstein bis ins westliche Mecklenburg- Vorpommern hinein betreut der Ring 870 Mitglieder. Ackerbau, vor allem der Raps- und Weizenanbau, prägen die überwiegend fruchtbare Gegend. „Es ist politisches Ziel, dass der Pflanzenschutzeinsatz in der Landwirtschaft reduziert wird“, sagt Geschäftsführer Martin Mang und zweifelt nicht daran, dass die EU Mittel und Wege finden wird, das auch umzusetzen. Parallel zu diesem politischen Entscheidungsprozess nahm im Geschäftsgebiet des Maschinenrings eine weitere Entwicklung ihren Lauf: Die Einzelkornsaat von Winterrapsbeständen. „Auf vielen Betrieben der Region stagnieren die Rapserträge auf einem nicht zufriedenstellenden Niveau von um die drei Tonnen“, berichtet Mang. Ursache seien stellenweise massives Auftreten von resistentem Ackerfuchsschwanz, aber auch große Probleme mit durchwachsendem Altraps. Durch die Einzelkornsaat, die ein regionaler Lohnunternehmer seit zwei Jahren anbietet, eröffnen sich jetzt neue Perspektiven: Bei der Einzelkornsaat wird gegenüber der Drillsaat nur ein einzelnes Rapskorn in 45 oder 50 Zentimeter entfernt stehenden Reihen abgelegt und dieses Korn unterfuß mit Dünger versorgt. Die Körneranzahl pro Quadratmeter kann dabei bis auf 20 reduziert werden. „Dadurch entwickelt sich die einzelne Rapspflanze besser“, erklärt Mang. VORTEIL DER HACKE Doch die Einzelkornsaat bietet noch einen weiteren entscheidenden Vorteil, zumindest, wenn sie hoch präzise mit RTK gesät wurden: Die Bestände lassen sich hacken. „Dadurch wird zwischen den Reihen unerwünschter Altraps, den wir chemisch nicht rausbekommen würden, ebenso gepackt wie Ackerfuchsschwanz“, sagt Mang. Als positiven Nebeneffekt werde die Krume gebrochen, die Versickerung vor allem bei Extremwetterlagen gefördert sowie die Mineralisierung in Gang gebracht, was einen weiteren Schub des Wachstums in Gang bringen kann. Die Vorteile des Verfahrens im Raps, zudem die perspektivische Zunahme des mechanischen Pflanzenschutzes sowie die Möglichkeit, mechanische Unkrautbekämpfung auch in anderen Kulturen anzuwenden, brachten den Maschinenring auf das Thema Hacke – bislang eher bekannt aus alten Zeiten und aus dem ökologischen Landbau. Seither hat sich technisch einiges getan. GEMEINSCHAFTSPROJEKT „Kameragesteuerte und somit hoch präzise arbeitende Hacken werden nur an wenigen Tagen im Jahr eingesetzt, kosten aber mit rund 100.000 Euro so viel, dass sich das einzelbetrieblich nicht lohnt“, resümiert Mang. Andererseits signalisierten jedoch mehrere innovative Betriebe, dass sie durchaus Bedarf an einer solchen Technik hätten und sagten den Einsatz verbindlich zu. Schlussendlich investierte der Maschinenring Lübeck-Eutin Süd für den überbetrieblichen Einsatz in eine Hacke, zunächst als Mietmaschine. Seit September 2020 verrichtet eine Hackmaschine mit sechs Metern Arbeitsbreite des dänischen Anbieters Thyregod ihren Dienst im Ringgebiet, mittlerweile wurde auch eine zweite Maschine mit neun Metern angeschafft. Die Wahl fiel auf die Dänen, da nach Mangs Aussage diese die einzige Präzisionshacke mit einem hohen Rahmen ist: „Wir hacken damit auch Mais und bringen dort Untersaat ein, daher muss der Rahmen entsprechend hoch sein, etwa 85 Zentimeter.“ BIO UND KONVENTIONELL Die Maschinen haben in den vergangenen beiden Jahren die ersten 1.000 Hektar gemacht, unter anderem auch in Ackerbohnen, auf Biobetrieben sowie in Zuckerrüben zum Aufbrechen von Verschlämmungen. Auch Weihnachtsbaumbetriebe hätten bereits Interesse signalisiert. Mang ist zufrieden. „Der gehackte Raps geht deutlich besser in den Winter mit kräftigen Wurzelhalsdurchmessern und unerwünschte Begleitvegetation steht allenfalls innerhalb der Reihe.“ RAPS RICHTIG HACKEN Gehackt werde der Raps im Herbst bei Bestandshöhen von zehn Zentimetern, die Pflänzchen haben dann sechs bis acht Blätter. Zu früh zu hacken sei gefährlich, weil Rapspflanzen auch verschüttet werden könnten. Die Hackaggregate können runter bis auf drei Zentimeter zur Reihe gefahren werden. Der Zeitpunkt des Hackens ist dabei immer eine Wette aufs Wetter: Zwei Tage vor und zwei Tage nach dem Hacken sollte es trocken sein, damit das Ergebnis gut sei. Bedauerlich findet Mang, dass die landwirtschaftliche Beratung in der Region bislang nur vereinzelt auf das Thema angesprungen sei, obwohl die Vorteile auf der Hand lägen: „Das Verfahren gibt dem Rapsanbau in der Region endlich wieder eine Perspektive und die Zahlen sprechen für sich: Ein Hektar hacken kostet 45 bis 50 Euro, ein Hektar Pflanzenschutz kostet 65 Euro, und dann ist der Altraps und der resistente Ackerfuchsschwanz noch nicht raus.“ Er wünscht sich tiefergehende Versuche zu diesem Thema und Bestätigung für das, was Praktiker berichten: Allein durchs Hacken könne der Ertrag im Raps um drei bis fünf Dezitonnen steigen, was sich durch die zusätzlich angeregte Mineralisation und die Reduktion des Altraps erklären lässt.

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