Das Crop Protection Innovation Lab ist eine Abteilung der Bayer AG, in der an neuer digitaler Pflanzenschutz-Technik gearbeitet wird. Eine Entwicklung dieses jungen Teams ist die „digitale Gelbschale“. Wir haben mit Produktmanager Fabian Born über diese moderne Form der Bonitur gesprochen.
Worin liegt der Vorteil, auch die Schädlingskontrollen auf dem Feld zu digitalisieren? Es ist eine spürbare Unterstützung. Pflanzenschutz wird immer anspruchsvoller, da der Schädlingsdruck mit der Klimaerwärmung deutlich zunimmt. Gleichzeitig gibt es weniger zugelassene Insektizide und chemische Beizen – kurzum: Der Bedarf an intensiven Schädlingskontrollen auf dem Feld wächst. Gerade auch, um den richtigen Zeitpunkt für die Maßnahmen zu treffen.
Auf welchem Stand ist die Technik aktuell?
Die Gelbschale für den Einsatz im Raps ist weitgehend fertig. Sie befindet sich in der abschließenden Entwicklungsphase. Das heißt: Sie wird unter Praxisbedingungen intensiv getestet und weiter optimiert.
Können Sie die digitale Falle und ihre Wirkungsweise kurz beschreiben? Sie besteht, wie auch die herkömmliche Variante, aus einer wassergefüllten Fangschale. Der entscheidende Unterschied ist jedoch die kleine Box, die auf der Falle angebracht ist. In ihr befindet sich modernste Handy-Technik mit einer hochauflösenden Kamera. Der Inhalt der Falle wird in regelmäßigen Abständen fotografiert und automatisch per Mobilfunk versendet. Die digitale Gelbschale verfügt zudem über einen Wassertank, um eine Austrocknung in heißen Witterungsperioden zu verhindern. Eine golfballartige Bodenstruktur vereinfacht das Auszählen von Schädlingen nicht nur für den Algorithmus, sondern auch für das menschliche Auge.
Sind jederzeit Bilder vom Inneren der Falle abrufbar?
Ja, der Status kann zu jeder Zeit und an jedem Ort mit dem Smartphone abgerufen werden. Dazu kommt eine automatische Erkennung von Schädlingen. Das Gerät zeigt also nicht nur das Bild der Käfer, sondern zählt und identifiziert diese auch. Der Nutzer bekommt bei kritischem Zuflug von Schädlingen eine Benachrichtigung auf seinem Handy.
Welche Schädlinge werden erkannt?
Erkannt werden bisher der Rapserdfloh, der Rüssler und der Rapsglanzkäfer. Die Unterscheidung verschiedener Rüssler-Arten ist noch nicht möglich, es wird jedoch mit Hochdruck daran gearbeitet.
Sammelt Bayer Crop Science die Daten, um sie weiter auszuwerten?
Die Fallen teilen auf anonymisierter Basis Informationen über den Schädlingszuflug miteinander. In diesem Netzwerk wird ein Schädlingsradar in Echtzeit möglich und Landwirte profitieren von den Beobachtungen anderer Betriebe. Das Zusammenspiel vieler Gelbschalen in der Region macht Aussagen über den Zuflug belastbarer und hilft allen Nutzern. Landwirte können sich zukünftig anhand einer Karte besser auf einen Schädlingsbefall in einer Region vorbereiten und umgehend Maßnahmen einleiten, wenn die Schadschwelle überschritten ist. Durch eine Optimierung von Applikationsterminen wird der Aufwand an Pflanzenschutzmitteln und Schaden an den Pflanzen minimiert sowie der Ertrag am Ende der Saison erhöht.
Landwirte klagen häufig darüber, dass die Digitaltechnik kompliziert und deshalb nur mit viel Zeitaufwand anzuwenden ist. Wie sieht das bei der digitalen Gelbschale aus?
Unsere digitalen Produkte werden aus der Praxis heraus auf unserem Versuchsbetrieb Laacher Hof in Monheim und im engen Austausch mit Landwirten entwickelt. Die enge Zusammenarbeit mit den Praktikern hat uns geholfen das Produkt und seine Anwendung so einfach und robust wie möglich zu gestalten. Die digitale Gelbschale wird genau wie die herkömmliche Gelbschale im Feld aufgestellt und mit der App „MagicScout“ per QR-Code registriert. Fertig. Das Gerät kalibriert sich selbst und in kurzer Zeit erhält man das erste Testbild. In regelmäßigen Abständen werden von der Falle neue Bilder erzeugt, die man sich in der App anschauen kann. Sobald eine Schadschwelle überschritten wird oder die Falle Wasser braucht, meldet sich die App mit einer Benachrichtigung. Eine echte Arbeitserleichterung.
Wie kann es sein, dass die App jetzt schon verfügbar ist, das gesamte Gerät aber noch nicht?
Bis zum Marktstart führen wir noch verschiedene Tests mit der Gelbschale durch. Die MagicScout-App funktioniert allerdings nicht nur im Zusammenspiel mit der digitalen Falle. Sie wird zukünftig sehr viele nützliche Funktionen bieten, die wir erst im Verlauf des nächsten Jahres vorstellen. Schon jetzt lässt sich die App zum Beispiel dafür nutzen,
Unkräuter oder Krankheiten auf dem Feld mittels Bilderkennung zu identifizieren und zu dokumentieren. Auch die Analyse von herkömmlichen Gelbschalen ist damit möglich. Wer also die App schon einmal testen möchte, kann dies bereits tun.
Wie teuer wird es werden, die digitale Gelbschale zu nutzen?
Dadurch, dass wir auf bewährte Technik aus Smartphones aufbauen, können wir die digitale Gelbschale für einen sehr erschwinglichen Preis anbieten. Dieser wird deutlich unter dem liegen, was bisher für vergleichbare Produkte aufgerufen wird.
Können Sie noch Anregungen aufnehmen?
Aber natürlich. Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir Hinweise aus der Praxis bekommen. Am besten einfach eine E-Mail an mich (fabian.born@bayer.com) senden oder die Kontaktmöglichkeit über die App nutzen. Je mehr Nutzer sich eine Funktion oder Anpassung an andere Kulturen wünschen, desto schneller und optimierter können wir die Anregungen umsetzen.