Damit Landwirte die Gefahr von Bodenverdichtung quasi auf dem Weg ins Feld richtig einschätzen können, hat die Berner Fachhochschule gemeinsam mit Agroscope, der Aarhus University in Dänemark und der schwedischen University of Agricultural Sciences die webbasierte Software „Terranimo“ entwickelt. Ein erstes Modell kam 2014 frei zugänglich auf den Markt, mittlerweile wurde das Simulationstool von den Schweizern einer Rundumerneuerung unterzogen.
Angepasste Reifendrücke sind das A und O für eine bodenschonende Bearbeitung des Feldes. Sie verringern den Bodendruck, sorgen für geringere Rollwiderstände, höhere Zugkräfte und geringeren Schlupf. Um die Gefahr der Bodenverdichtung zu minimieren, muss der Bodendruck so gering wie möglich gehalten werden. „Der Bodendruck ist von zwei Faktoren abhängig, der Radlast und der Auflagefläche des Reifens“, erklärt Roger Stirnimann. Der Dozent von der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) an der Berner Fachhochschule ist ein Experte, wenn es um da Vermeiden von Bodenverdichtung geht. Auch bei Traktorenherstellern ist sein Wissen gefragt. Je größer die Auflagefläche eines Reifens sei, desto kleiner und oberflächlicher sei der Bodendruck, der durch die Radlasten ausgeübt werde. Keinesfalls dürfe der Bodendruck jedoch die sogenannte Bodenfestigkeit übersteigen.
Bodenbearbeitung schwächt Bodenstruktur
Sie beschreibt die Widerstandsfähigkeit des Bodens und hängt laut Stirnimann von drei Faktoren ab: Bodenfeuchtigkeit, Bodenart und Bodenstruktur. Je feuchter ein Boden, desto geringer sei seine Festigkeit und desto intensiver wirke sich der Bodendruck in die Tiefe aus. Die Gefahr von Unterbodenverdichtung steige. Bei den Bodenarten seien schwere und tonige Böden stärker von Verdichtung gefährdet als leichte sandige Böden. Eine gut ausgebildete Bodenstruktur mit lebendverbauten und wasserbeständigen Bodenkrümeln schütze vor Verdichtung. Bodenbearbeitung schwäche durch starke Lockerung allerdings oft die Bodenstruktur.
Software warnt vor Verdichtung
In „Terranimo“ können Landwirte ihre Maschinen, deren Bereifungen sowie den Bodenzustand konfigurieren. Anschließend stellt die Software die Belastbarkeit des Bodens dem Bodendruck unter den Rädern gegenüber. Dabei bezieht das „Terranimo“-Modell sein Wissen aus Daten unzähliger Feldversuche mit Bodendruckmessungen, wie sie auch Stirnimann und seine Kollegen immer wieder machen. Übersteigt der Druck die Festigkeit des Bodens, sind Verdichtungen und entsprechende Schäden die Folge. Durch das Ändern von Radlast und Bereifung oder das Anpassen des Reifeninnendrucks in der Software kann jetzt simuliert werden, wann und wie ein Befahren des Bodens ohne Schädigung möglich ist.
Risiken abschätzen
- Für detaillierte Angaben und Resultate wählen Sie die Version „Terranimo expert“.
- Wählen Sie die gewünschte Maschine und das Zugfahrzeug aus.
- Konfigurieren Sie die ausgewählten Maschinen anhand von Fahrzeugausweisen, Herstellerschildern oder gewogenen Resultaten.
- Konfigurieren Sie die Radlastverteilung sowie die montierten Reifen und deren Innendruck.
- Wählen Sie den vorhandenen Boden aus und geben Sie an, wie feucht der aktuelle Zustand des Bodens ist.
- Betrachten Sie die Resultate. Sollten einzelne Räder oder Achsen im gelben oder roten Bereich liegen, versuchen Sie durch Anpassen von Gewicht, Reifen, Reifeninnendruck und Bodenfeuchtigkeit herauszufinden, was es benötigt, damit Sie den Boden ohne bleibende Schäden befahren können.
Der Praxistest
Wenn Landwirtschaftsmeister Johannes Brock aufs Feld fährt, begleiten ihn die in Terranimo errechneten Tabellen für Radlast und Reifendruck Maschinen und Gerätschaften. Mit seinem Onkel bewirtschaftet der 22-Jährige einen Betrieb im bayerischen Jura zwischen Nürnberg und Regensburg. Auf 350 Hektar wachsen Wintergerste, Winterweizen, Winterraps und Silomais für die hofeigene Biogasanlage mit einer installierten Leistung von 1,1 Megawatt. „Wir haben relativ schwere Böden, da ist Verdichtung schon ein Thema“, sagt der junge Landwirt. Von Terranimo hörte er erstmals während seiner Ausbildung an der Landwirtschaftsschule in Roth und später bei den Bodenpraktiker-Kursen, die die Akademie der Maschinenringe gemeinsam mit der Bioland Stiftung anbietet. Brock arbeitet halbtags im Betrieb des Onkels und die restliche Zeit beim Maschinenring Jura Hemau, für den er unter anderem in der Düngeberatung und beim Entnehmen von Bodenproben tätig ist. „Dadurch bin ich sowieso schon im Thema drin“, sagt er.
Achslasten verwiegen
Die Kombination schwerer Böden mit den Herbstkulturen habe in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen mit Bodenverdichtung geführt. Sein Betrieb arbeite daher ohnehin mit der breitestmöglichen Bereifung. „Seit wir Terranimo für uns nutzen, habe ich das Gefühl, das ist besser geworden“, sagt er. Jetzt helfen die anhand des Simulationsmodells errechneten Werte für Achslast und Reifendruck, schnell zu beurteilen, ob es damit getan ist, Luft abzulassen oder ob mit dem Befahren einer Fläche noch gewartet werden müsse. Jedem, der Terranimo nutzen wolle, rät Brock, sämtliche Achslasten seiner Fahrzeuggespanne zu verwiegen, so wie er es auch getan habe. Und der junge Landwirtschaftsmeister ist überzeugt vom Einsatz von Reifendruckregelanlagen. „Der Mensch ist faul und je einfacher sich der Reifendruck einstellen lässt, desto eher macht man es“, sagt er. Im eigenen Betrieb sei bereits ein Traktor mit einer Reifendruckregelanlage ausgestattet. Alle anderen verfügten derzeit über Schnellentlüftungen. „Ich glaube, das Thema Boden verdient noch mehr ins Bewusstsein gerückt zu werden“, sagt Brock. „Jeder weiß, dass Bodenschonung ein wichtiges Thema ist, aber die wenigsten befassen sich damit."
Claas integriert Terranimo
Des Themas Bodenschonung intensiv angenommen hat sich seit vergangenem Sommer auch der Traktorenhersteller Claas. Die Ingenieure Harsewinkel haben die Terranimo-Software in ihr interaktives Fahrerassistenz- und Prozessoptimierungssystem CEMOS für Traktoren integriert. Dort berechnet Terranimo anhand der kombinierten Informationen und der durch CEMOS errechneten technischen Mechanik das Verdichtungsrisiko getrennt nach drei Bodenschichten. Auf Basis dieser Gefährdungsbeurteilung kann CEMOS dem Fahrer weitere Empfehlungen zu Ballastierung und Optimierung des Reifeninnendrucks zugunsten einer bodenschonenderen Fahrweise übermitteln. Ändert der Fahrer auf Basis dieser Empfehlungen Einstellungen an der Traktor-Geräte-Kombination, wie beispielsweise den Reifeninnendruck, so fließen diese Informationen wiederum direkt in die aktuelle Risikobewertung der Terranimo-Funktion ein. „Die schweren Maschinen sind nun einmal da, wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen“, sagt Roger Stirnimann. Vor diesem Hintergrund komme dem Thema Bodenschonung eine immer größere Bedeutung zu. Anwendungen wie Terranimo könnten den Landwirt unterstützen, die Grundlage unserer Ernährung so schonend wie möglich zu behandeln. „Wir haben die Aufgabe,für diese Ressource Sorge zu tragen!"