Zwei Photovoltaik-Anlagen gehören zum Obstbaubetrieb Nüberlin in Lindau am Bodensee. Bei einer davon läuft in zwei Jahren die EEG-Förderung aus, die Erträge sind nach fast zwanzig Jahren aber immer noch sehr gut. Wohin mit dem wertvollen grünen Strom?
Der Obstbaubetrieb Nüberlin in Lindau hat eine Geschäftsleitung, die vor Elan nur so sprudelt: die Geschwister Lena und Florian haben den Betrieb vor einem Jahr übernommen und kümmern sich nun gemeinsam um den Anbau und die Vermarktung von Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Kirschen, Erdbeeren, Walnüssen und einer ganzen Palette von verarbeiteten Erzeugnissen wie Saft, Apfelchips und Edelbrände. Die Direktvermarktung im edlen Hofladen läuft – auch dank der guten Lage in Autobahnnähe – bestens, bei Erdbeeren und Kirschen werden 100 Prozent selbst vermarktet, bei den Äpfeln und Birnen sind es 50 Prozent.
2 Grad Lagertemperatur
Für die Energieversorgung ist weiterhin Vater Martin Nüberlin (68) zuständig. Er kümmert sich um die beiden Photovoltaikanlagen auf den Kühlhäusern – 20 und 30 kWp – und schaut sich jetzt mit Unterstützung von LandEnergie nach der besten Stromnutzung nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung um. Rein rechnerisch passen die Stromproduktion auf den Dächern und die Energienutzung in den Kühlhäusern darunter sehr gut zusammen: Rund 50.000 Kilowattstunden wendet der Betrieb für die Kühlung vor allem von Äpfeln und Birnen pro Jahr auf, die beiden Anlagen kommen auf einen ähnlichen Gesamtertrag pro Jahr. Dabei gibt es aber einen großen Haken: Direkt nach der Ernte ist der Energiebedarf „gewaltig“, wie Martin Nüberlin erklärt. Denn das frisch geerntete Obst muss von gut 20 Grad auf Lagertemperatur heruntergekühlt werden – bei den Äpfeln sind das zwei Grad, bei den Birnen sogar -0,5 Grad. Das restliche Jahr über ist der Bedarf dann wesentlich moderater.
Eigenverbrauch, Einspeisung oder Abbau?
Um herauszufinden, wie viel Solarstrom nicht nur rechnerisch, sondern auch praktisch vor Ort eingesetzt werden kann, erfasst jetzt ein intelligenter Zähler die Verbräuche auf dem Obstbaubetrieb. Sein Maschinenring Tettnang hatte Martin Nüberlin auf die Idee gebracht, bei dem Projekt von LandEnergie mitzumachen. Ein Jahr lang sammelt LandEnergie mithilfe der intelligenten Stromzähler auf ganz unterschiedlichen Betrieben quer durch Deutschland die Verbrauchs- und Erzeugungsdaten, um so zu einer belastbaren Datengrundlage zu kommen: Wo gibt es Einsparpotenzial auf den Betrieben, für wen lohnt sich ein Batteriespeicher, wer sollte besser weiterhin voll einspeisen oder eine Mischlösung aus Eigenverbrauch und Einspeisung anstreben? Vermutlich wird für die eine oder andere Anlage auch der Abbau die sinnvollste Lösung sein, gerade wenn die Leistung nicht mehr stimmt. Hier wird dann Platz frei für neue, leistungsstarke Anlagen.
Wertschätzung der Kunden
Martin Nüberlin ist auch deshalb gespannt auf die Analyse der Daten, weil er sich grundsätzlich für erneuerbare Energien begeistern kann. Auf seinem Wohnhaus arbeitet ebenfalls eine PV-Anlage, im Keller sind Batteriespeicher untergebracht, so dass der Haushalt beim Strom autark ist. „Das ist schon sehr angenehm“, sagt Nüberlin dazu, das würde ihm im Betrieb auch gut gefallen. Auch die Kunden nehmen die Bemühungen um grüne Stromversorgung durchaus wahr, so sein Eindruck: „Das ist ein Imagegewinn.“ Und von der Sinnhaftigkeit der erneuerbaren Energien ist der 68-Jährige ohnehin überzeugt: „Wir müssen alles tun, um von den fossilen Brennstoffen wegzukommen. Die Scheichs haben genug am Öl verdient!“. Der Elan liegt hier ganz offenbar in der Familie.