Winterdienst ist ein Geschäft voller Risiken und Unwägbarkeiten – doch der Algorithmus schafft hier Abhilfe. So unterstützt KI schon heute beim Räumen und in der Einsatzplanung.
Alfons Huber erprobt auf seinen Winterdienstfahrzeugen ein Kamerasystem, das mittels KI Menschen erkennt, die sich im Gefahrenbereich des Räumfahrzeuges bewegen. Fotos: Alexander Waas
Zu Unfällen mit Räum- und Streufahrzeugen kommt es immer wieder. Mit Räumschild oder Streuaufbau, in der Dunkelheit oder bei schlechtem Wetter, sind die Fahrzeuge selbst für Profis hinterm Steuer oft unübersichtlich. Das Arbeiten auf großen öffentlichen Verkehrsflächen, engen Straßen, Busbuchten verlangt von den Fahrern volle Konzentration, und dennoch können sie ein Horrorszenario nie ausschließen – dass plötzlich ein Kind im toten Winkel oder am Heck des Fahrzeuges steht …
Künstliche Intelligenz kann hier Abhilfe schaffen und die Fahrer der großen Räumfahrzeuge dabei unterstützen, die Übersicht zu behalten. Der Elektronik-Hersteller Brigade hat ein Kamerasystem auf den Markt gebracht, dessen Optik von einer künstlichen Intelligenz ausgewertet wird. Die KI vermag bewegte und statische Hindernisse, Tiere und eben besonders Menschen zu erkennen und voneinander zu unterscheiden und warnt, sobald eine Person das Sichtfeld der Kamera betritt.
Die kleine Kamera am Fahrzeugheck erfasst das gesamte Umfeld, das für den Fahrer nur schwer einsehbar ist.
Auf dem Bildschirm wird die Person markiert, ein Signalton warnt dann sowohl den Fahrer als auch den Fußgänger.
Alfons Huber erfuhr über den bayerischen Landtechnikteile-Händler Schaffelhuber von der Technologie und beschloss bereits im Sommer ein solches System anzuschaffen, um bereits da ausgiebig zu testen, um es später auch im Winterdienst in Einsatz zu bringen. Der Lohnunternehmer ist einer der Großen in Süd-Ostbayern und Mitglied in der Vorstandschaft des Maschinen- und Betriebshilfsringes Altötting-Mühldorf. Für Huber wie für den Ring ist der Winterdienst im Vorland der Bayerischen Alpen ein wichtiges Geschäft. 20 Fahrzeuge fahren unter Hubers Flagge in der kalten Jahreszeit im Umkreis von 30 Kilometern. Der Lohnunternehmer betreut 35 Objekte, darunter drei Gemeinden und ein großes Chemiewerk der Region.
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Dieses System hat im Winterdienst bereits Leben gerettet!
Wie der Test des Maschinenring Magazins auf dem Betriebshof von Alfons Huber in Geisberg zeigt, arbeitet das System schnell, zuverlässig und warnt Fahrer wie gefährdete Person gleichermaßen. „Dieses System hat bei uns bereits Leben gerettet“, sagt Alfons Huber und erzählt vom Schock-Erlebnis eines Fahrers aus dem Sommer. Bei Lader-Arbeiten im Einfahrtsbereich eines großen Fahrsilos querte der Austrags-Bauer des Hofes nur Meter hinter dem Fahrzeugheck mit seinem E-Rollator den Gefahrenbereich.
Das erweiterte Kamerasystem sorgt für einen 360-Grad-Rundumblick.
Im geteilten Bildschirm wird die gefährdete Person gekennzeichnet.
Dass das KI-Kamerasystem sogar noch einen Tick ausgereifter funktioniert, demonstriert Händler Schaffelhuber im Oktober 2024 rund 200 Kilometer nördlich des oberbayerischen Lohnunternehmers. Bei Landtechnik Igl im oberpfälzischen Pfreimd statteten die Experten von Schaffelhuber einen Teleskoplader mit einem 360-Grad-Kamerasystem mit KI aus. Für Firmenchef Thomas Igl liegen die Vorteile klar auf der Hand. Beim Be- und Entladen von Lieferungen oder Transportfahrten auf dem weitläufigen Gelände kann sich sein Fahrer voll und Ganz auf das Auf-, Ab- oder Versetzen der schweren Lasten konzentrieren und wird im Notfall gewarnt. Der Gewinn an Sicherheit für Fahrer und Passanten, das Wissen, dass der Algorithmus Leben retten kann, sollte laut Igl und Huber auch bei seinen Berufskollegen den Ausschlag geben, über eine solche Anschaffung nachzudenken.
Dem stimmt auch Peter Falter, Geschäftsführer des Maschinen- und Betriebshilfsringes Altötting-Mühldorf, zu. „In Zeiten, in denen Fahrerkabinen mit Entertainment-Systemen und Kühlschränken ausgestattet sind, müsste so ein System eigentlich Standard sein“, sagt der MR-Geschäftsführer. Alfons Huber unterstützt ihn, denn nach seiner Ansicht könnte man Landwirten auch durch eine Förderung Anreize zum Nachrüsten schaffen.
Mehr zum Thema im aktuellen Magazin
Weitere Informationen zum Thema "KI im Winterdienst finden sich in der gedruckten Ausgabe 05/2024 des Maschinenring Magazins. Hier berichtet auch Professor Dr. Heike Markus auch über ihr Projekt, mit KI die Prognosen für Straßenglätte zu verbessern.
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