Es gibt immer weniger landwirtschaftliche Betriebe. Dazu kommt, dass viele Umfragen unter Landwirten ein teils miserables Stimmungsbild zeichnen. Ist die Arbeit in der Landwirtschaft wirklich kein Traumjob mehr?
Vor einigen Jahren waren sie meist noch die Exoten in der Berufsschulklasse: Jugendliche, die den Beruf des Landwirts lernen, obwohl sie selbst nicht von einem Hof kommen. Mittlerweile hat sich das geändert. Allein in Bayern kam 2023 ein Drittel der Azubis nicht selbst vom Bauernhof.
Diese Zahl ist deshalb so interessant, da sie im Gegensatz zur Meinung vieler Landwirte steht. Die glauben – und das nicht unbegründet – dass ihre Branche stetig an Ansehen verliert. Neben der gefühlten persönlichen Meinung lassen sich auch hier repräsentative Studien heranziehen, um ein wirkliches Stimmungsbild zu erfassen. Auffällig ist, dass sich die Meinung der Deutschen gegenüber der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren stark geändert hat – und zwar ins Wohlwollende.
Breiter Rückhalt in der Bevölkerung
Jeder Landwirt kann von Erlebnissen, Begegnungen oder Online-Kommentaren berichten, in denen Menschen ihren Unmut über den Berufsstand Luft gemacht haben. Diese negativen Einzelereignisse lassen sich jedoch nicht zu einem gesellschaftlichen Stimmungsbild aufsummieren. Das zeigen auch wissenschaftliche Studien.
Der sogenannte Food Navigator der Frankfurter Rabobank zeigte 2021, dass 70 Prozent der Befragten 18- bis 29-Jährigen den Beruf des Landwirts für unattraktiv hielten. Im Folgejahr, mitten in der Corona-Pandemie, waren 33 Prozent der Befragten einer anderen Studie der Meinung, dass die Landwirtschaft in Zukunft besonders wichtig sein wird. Nur Ärzte mit 56 Prozent und Pfleger mit 53 Prozent wurden von den Befragten als relevanter eingeschätzt.
Als im Januar dieses Jahres zehntausende Landwirte demonstrierten, zeigten die Zustimmungswerte ungeahnte Höhen. Je nach repräsentativer Umfrage betrug das Verständnis der Deutschen für die Bauernproteste zwischen 65 und über 90 Prozent.
Streitfrage Tierwohl
Die wissenschaftlichen Studien zeigen, dass die Bevölkerung die Landwirtschaft durchaus differenziert wahrnimmt. So gaben 78 Prozent der Befragten einer Studie an, dass sie sich wünschen, dass Landwirte verantwortungsvoll umgehen. Lediglich ein Drittel der Befragten sah diesen Anspruch als erfüllt an. Diese Zahlen stammen aus derselben Studie, in der die Landwirtschaft zu den Top drei Berufen mit dem höchsten gesellschaftlichen Wert gewählt wurde. Eine ähnliche Differenz gibt es bei dem Anspruch, dass Landwirte verantwortungsvoll mit Boden, Wasser und Luft umgehen sollen. 71 Prozent der Befragten ist das wichtig und nur 29 Prozent sehen diesen Anspruch als erfüllt an.
Es gibt nicht das eine Stimmungsbild. Dazu kommt, dass sich Meinungen schnell ändern können. Nur weil diesen Winter die Mehrheit der Bevölkerung Verständnis für die Bauernproteste hatte, muss das nicht bei neuen Demonstrationen wieder so sein. Dennoch zeigt sich, dass innerhalb der Bevölkerung eine Mehrheit der Menschen die Landwirtschaft als wertvoll empfindet.
Das zeigen auch die anfangs erwähnten Quereinsteiger, die immer mehr werden. Da lediglich zwei Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe außerhalb der Familie in die nächste Generation abgegeben werden, hat nahezu keiner von ihnen Aussicht auf einen eigenen Betrieb. Dafür kommt ihnen der Strukturwandel zugute: Immer größere Betriebe brauchen immer mehr familienfremde Arbeitskräfte. Und immer mehr Menschen außerhalb der Landwirtschaft können sich vorstellen, in dieser Branche zu arbeiten, ihr Geld zu verdienen und ihr Glück zu finden.