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23. Juni 202323.06.23

Umweltbildung: Die Regenwürmer schmatzen hören

Maschinenringe Deutschland GmbH

Der Bodenentdeckungspfad im bayerischen Regensburg ist deutschlandweit einzigartig. An 19 Stationen können Landwirte und Interessierte das Thema Boden mit allen Sinnen erleben und lernen, warum es so wichtig ist, ihn als Lebensgrundlage ganz besonders zu schützen.

Die braune Brühe läuft schnurgerade den Hang herab auf Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber zu. Große Kalkblöcke bremsen das schlammige Erde-Wasser-Gemisch, bevor es die trendigen weißen Sneaker des Politikers erreichen kann, dennoch hat das Experiment seine Wirkung erreicht. „Sie können in zehn Schulstunden nicht vermitteln, was Sie hier in fünf Minuten erleben“, sagt Ludwig Meier, der neben dem Minister vor der Versuchsanordnung steht, in der Wasser an einem vier Meter langen Steilhang wahlweise über den nackten Boden, leichten oder satten Bewuchs zu Tal geschickt wird.

Das Erosionsexperiment ist eine von 19 Stationen des Bodenentdeckungspfads „Mensch trifft Boden“, den die Interessengemeinschaft gesunder Boden e.V. (IGgB) im ostbayerischen Regensburg vor einem guten Jahr eröffnet hat. Mehr als 20.000 Menschen haben den Rundweg für alle Sinne zum Thema Boden seither erkundet – alleine oder in einer der Führungen, die die IGgB gemeinsam mit dem Bildungsträger Katholische Erwachsenenbildung anbietet. Getragen und gefördert werden der Bodenentdeckungspfad und das Engagement des Vereins vom Einsatz zahlreicher Ehrenamtlicher und von Firmen und Organisationen wie dem Bundesverband der Maschinenringe in Neuburg an der Donau.

Thema Boden fristet Schattendasein

Fünf Jahre Entwicklungsarbeit stecken im Bodenentdeckungspfad, berichtet Meier. „Wir wollen erreichen, dass Umweltwissen in konkretes Handeln mündet“, erklärt er. Die Bedeutung von gesunder Luft und sauberem Wasser sei beinahe jedem klar. Ausgerechnet der Boden, der direkt oder indirekt sämtliche Nahrungsmittel liefere, stünde bei den Bürgern, den Medien oder in der Politik aber kaum im Fokus, mahnt Meier auch vor dem Umweltminister. Der ehemalige Ministerialbeauftragte für Realschulen hat das methodisch-didaktische Konzept für den Bodenentdeckungspfad aufgestellt und dabei versucht, das Thema Boden mit allen Sinnen erfahrbar zu machen: sehen, riechen, begreifen, hören und schmecken.

„Die Führungen sind so angelegt, dass sie für Besucher vom Schüler bis zum Landwirt interessant sind.“

Neben den Versuchen zur Bodenerosion erwarten die Besucher deshalb noch zahlreiche weitere Aktivstationen wie etwa ein Wurzelfenster, der Barfußpfad, eine Kiste, in der aus Bioabfall Kompost und schließlich gesunde Erde wird oder ein Kasten mit regionalen Bodenarten zum Anfassen. Das Wurzelfenster hat es Christian Amerle, zweiter Vorsitzender der IGgB und selbst einer von zwölf geschulten Experten, die durch die hügelige Anlage in Nachbarschaft zu einer kleinen Tagebaugrube führen, besonders angetan. Ohne auf die Zeit zu achten, kann er an dem Bodenprofil und den aufklappbaren Schautafeln über die Wurzeltiefen verschiedener Kräuter und Kulturpflanzen, über Zwischenfrüchte oder Untersaaten referieren.

Mit den Händen im Kompost

Seinem Zuhörer wird dabei weder langweilig, noch läuft er Gefahr, im Fachjargon die Orientierung zu verlieren. „Die Führungen sind so angelegt, dass sie für Besucher vom Schüler bis zum Landwirt interessant sind“, sagt Amerle. Dabei darf natürlich auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. So kann der Besucher beispielsweise mittels QR-Code auf seinem Mobiltelefon auch die schmatzenden Geräusche von Regenwürmern hören, die sich unter der Erde durch ihre Röhren bewegen.

Mit den Händen im Kompost wühlen, das lässt auch Cordula Heß ihre Besuchergruppen gerne. Rund 60 Minuten dauert bei ihr eine Führung durch die 19 Stationen. Von Kommunionkindern bis zum erwachsenen Publikum waren schon alle möglichen Gruppen mit ihr hier unterwegs. „Bei den Kleinen kann man sich von den Tafeln auch lösen“, erzählt sie. Sie lässt die Kinder dann viel anfassen und raten. Bei den Erwachsenen sei ihr wichtig, Erkenntnisse und Erfahrungen so zu vermitteln, dass sie im Alltag angewendet werden könnten. So sei auch die in Sichtweite vorbeiführende vierspurige Autobahn A3 ein gutes Beispiel, wie sich Flächenversiegelung auf Böden auswirken könne. „Wenn ich die Teilnehmer mit den Granitgärten zu Hause überzeugen kann, es anders anzugehen, habe ich meine Mission erfüllt“, sagt sie.

Lebendiger Unterricht

Nur 180.000 Euro habe die Errichtung des Bodenentdeckungspfads gekostet – dank mannigfaltigen freiwilligen Engagements aus dem Umfeld der IGgB. Das Projekt wurde gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). „Unser Boden ist ein oft verkannter Schatz“, beschließt denn auch Umweltminister Thorsten Glauber seinen Besuch in Regensburg. Der Bodenentdeckungspfad könne dabei helfen, schon früh für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren. „Hier gibt es lebendigen Boden zum Anfassen und lebendigem Unterricht unter freiem Himmel“, sagt Glauber, nicht zuletzt auch wegen des grünen Klassenzimmers, das am Eingang zum Gelände zum Verweilen und Vertiefen des Themas einlädt.

Der Pfad ist jederzeit öffentlich zugänglich. Für eine Führung gegen ein geringes Entgelt mit den Lehrpfadexperten müssen Interessierte sich anmelden.

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