Seit 20 Jahren stecken zwei Landwirte aus der Südpfalz viel Zeit und Schweiß in die Landschaftspflege. Was als Zuerwerb begann, ist für beide längst mehr geworden – echte Freundschaft.
Wenn man Bernd Hoffmann und Manfred Albrecht bei ihrer Arbeit begleitet, fallen einem zuerst die Unterschiede auf. Hoffmann, ein Mann Ende 50 in praktischer Arbeitslatzhose, stets ein leichtes Lächeln im Gesicht, fährt mit großem Getöse mit einem Traktor vor. Die Maschine beeindruckt durch ihre schiere Größe: Hinter der Kabine streckt sich der gewaltige Arm einer Astsäge in die Höhe, vor sich her schiebt der Trecker einen Mulcher, der die geschnittenen Äste zu groben Holzresten zerstückelt. Albrecht, mit rundem freundlichem Gesicht, hat derweil Handschuhe übergestreift und steht am offenen Kofferraum seines Wagens, um sein Arbeitsgerät auszuwählen. Oft zieht der 66-Jährige mit einem Freischneider los, mal nimmt er einen Spaten zur Hand oder greift zur Rebschere. Heute entscheidet er sich für eine Heugabel. Er muss gleich ins Wasser steigen, der lange Stiel der Gabel gibt ihm auf schlüpfrigem Untergrund Halt. Während Hoffmann hoch auf dem Fahrersitz thront, läuft Albrecht hinter der Maschine her zum Einsatzort.
Beide Männer arbeiten über den Maschinenring in der Landschaftspflege. Sie stutzen Hecken, mähen Wiesen, kümmern sich um Naturschutzflächen, befreien Bäche und Flüsse von überhandnehmenden Pflanzen oder ziehen umgestürzte Bäume von den Wegen. Der Maschinenring oder eine Tochtergesellschaft übernehmen solche Arbeiten meist im Auftrag von Kommunen, Behörden oder Firmen. Landwirten bietet sich dadurch die Möglichkeit, eine zusätzliche Einkommensquelle aufzutun. Die Mitglieder bringen ihre eigenen Maschinen und das dazugehörige Fachwissen ein.
Hoffmann ist der Mann, der meist die Vorarbeit mit großen Gerätschaften leistet, Albrecht derjenige, der von Hand nacharbeitet. An der Verteilung der Aufgaben haben beide nichts auszusetzen, im Gegenteil. „Es braucht den richtigen Mann an der richtigen Stelle, fertig“, sagt Albrecht. Seit knapp 20 Jahren arbeiten sie Seite an Seite, immer draußen, bei Wind und Regen, brennender Sonne oder klirrender Kälte. Darüber sind sie Freunde geworden.
An einem Tag im Mai, an dem die Sonne nur ab und zu hinter einer Wolke hervorblitzt, sitzt Albrecht auf dem Hof von Bernd Hoffmann im pfälzischen Rheinzabern und hat ein großes Stück Schokoladenkuchen vor sich. Hoffmann hat gegenüber auf einem Palettenmöbel Platz genommen und erzählt gerade, wie die Spargelernte vorangeht. Die weißen und grünen Spargelstangen verkauft er neben anderem Gemüse im eigenen Hofladen. Seine Frau Gisela steht an der Kasse. Immer wieder sieht man einen Kunden oder eine Kundin mit einer Einkaufstasche über den Hof gehen.
Die beiden Männer gönnen sich eine kurze Pause und nutzen die Zeit, um Neuigkeiten auszutauschen. Ein Erntehelfer habe ihn neulich gefragt, ob er schlecht geschlafen habe, sagt Hoffmann. „Der hat sich gewundert, weil ich noch keinen Witz erzählt hatte.“ Hoffmann ist selten um einen flotten Spruch verlegen. Auch wenn Albrecht und er zusammen unterwegs sind, wird viel geflachst. Sie erledigen ihre Aufgaben gewissenhaft, ein wenig Spaß muss aber sein. Das Leben hat den Landwirten leider nicht immer Grund zum Lachen gegeben.
Schicksalsschläge
Bis vor wenigen Jahren führte auch Albrecht einen eigenen Betrieb, eine halbe Stunde Autofahrt vom Hoffmann-Hof entfernt. 1979 hatte er die Landwirtschaft vom Vater übernommen, bewirtschaftete Äcker und hielt Milchvieh. Anfangs noch zu viert, musste Albrecht in den kommenden Jahren immer mehr Arbeit alleine stemmen. Der Vater starb, kurze Zeit später die Tante, die mit auf dem Hof lebte. Albrechts Frau hatte einen schweren Unfall, von dem sie sich nie wieder ganz erholte. Mitanpacken konnte sie nicht mehr. Der Landwirt, Vater von drei Kindern, musste den Betrieb verkleinern und sich nach einem zweiten Standbein umschauen.
Anfangs sprang er als Betriebshelfer ein, half etwa in einem Weingut aus. Doch die Arbeitszeiten ließen sich oft nicht mit den Aufgaben auf dem eigenen Hof vereinbaren. Dann bekam Albrecht die Möglichkeit, in die Landschaftspflege mit flexibleren Einsatzzeiten zu wechseln, zumal bei einem besseren Stundenlohn. Er überlegte nicht lange. Daheim galt es weiterhin, Äcker und Tiere zu versorgen. Um die 2000er-Jahre kam eine Frau aus der Umgebung zur Milchkontrolle auf Albrechts Hof, es war Bernd Hoffmanns Ehefrau Gisela. Die beiden unterhielten sich. Einen tüchtigen Mann, warb Albrecht, könnten sie bei der Landschaftspflege immer gut gebrauchen. Ob ihr Bernd nicht mal mitkommen wolle?
Bernd Hoffmann plagten zu jener Zeit eigene Sorgen. Wie schon die Eltern war er in die Landwirtschaft gegangen, hatte seinen Betrieb am Rande Rheinzaberns von Grund auf selbst aufgebaut. Neben diversen Gemüsesorten und Getreide pflanzte er Tabak an. Ein gutes Geschäft – bis sich herausstellte, dass er allergisch auf Spritzmittel und die Tabakpflanzen reagierte. Zunächst überließ er Helfern die Ernte der Tabakblätter. Doch es half wenig. Kam er dem Zeug zu nahe, lief er blau an. Manchmal konnte er vor Husten nicht schlafen: „Ich musste mich entscheiden, meine Gesundheit oder der Tabak.“ Er gab den Anbau auf, ebenso wie den von Weißkraut, Rotkohl und diversem anderen Gemüse, das mit dem Spritzmittel behandelt wurde. Hinzu kam, dass er bei der Hofarbeit weitgehend auf sich allein gestellt war. Er entschied sich dazu, den Betrieb deutlich zu verkleinern
Unter Brücken und durch Dornen
Im Sommer 2002 machte er Ernst mit der Landschaftspflege, er unterschrieb einen Vertrag über 30 Stunden die Woche. Hoffmann und Albrecht waren nun Kollegen. Meist rückt ein kleines Team für die vielfältigen Aufgaben im Grünen aus. Hoffmann und Albrecht sahen in den zurückliegenden Jahren viele Männer kommen und gehen. Sie blieben. Mitunter erledigen sie einen echten Knochenjob, das ist nicht jedermanns Sache. Mal arbeiten sie gebückt unter einer Brücke, mal kämpfen sie sich durch Dornengestrüpp. Hoffmann mag es nicht, in enge Rohre zu schlüpfen, Albrecht fürchtet die Höhe. „Da ergänzen wir uns zum Glück“, sagt Albrecht. „Was der eine nicht kann, übernimmt der andere.“
Zu Albrechts wichtigster Arbeitskleidung gehört eine Wathose, die ihm bis zur Brust reicht. Unten sind stabile Gummistiefel vernäht. So ausgestattet, stapft er in Bäche, entfernt querliegende Äste, schneidet den Uferrand frei, klaubt Unrat vom schlammigen Grund. Selbst im Februar, wenn ihm eisiges Wasser Beine und Oberkörper umspült. Hoffmann sitzt zwar eher auf dem Traktor oder einem Bagger, packt aber genauso mit an, wenn’s mal schmutzig wird. Das schweißt zusammen. Die beiden können Geschichten erzählen, die ganze Bücher füllen würden.
Kreative Lösungen
„Ein gutes Arbeitsklima ist mir wichtig“, sagt Hoffmann. Ohne die positive Grundstimmung im Team wäre er der Landschaftspflege womöglich nicht so lange treu geblieben. Zum gegenseitigen Verständnis trug sicher bei, dass beide Männer aus der Landwirtschaft kommen. „Landwirte ticken ähnlich, da weiß man gleich, was gemeint ist“, sagt Albrecht.
Um ihre Freundschaft machen sie nicht viel Aufhebens. Sie lassen lieber Taten sprechen. Fällt privat etwas an, lässt keiner den anderen hängen. Als bei Albrechts Kreiselmäher das Mähwerk ausfiel, kam Hoffmann vorbei, um den Schaden zu besehen. Hoffmann ist ebenso geschickt wie kreativ, wenn es um Reparaturen oder das Lösen von Problemen geht. Als die Landschaftspfleger einen kleinen See in einem Wohngebiet von Schilf befreien sollten, stand das Wasser zu hoch, als dass Albrecht in seiner Wathose eine Chance gehabt hätte. So schweißte Hoffmann kurzerhand eine Art Boot zusammen.
Gemeinsam bis zur Rente
Seit vergangenem Herbst ist Albrecht in Rente. Schon fünf Jahre zuvor hatte er seinen Betrieb aufgeben müssen. Als die Milchquote abgeschafft wurde, lohnte sich das Geschäft für ihn nicht mehr. Seitdem arbeitete er Vollzeit in der Landschaftspflege. Nun, als Rentner, hat er seine Stunden zurückgefahren, möchte aber solange er körperlich fit ist, weiterhin Aufträge übernehmen. Hoffmann, der gut sieben Jahre jünger ist, macht sich keine Sorgen, seinen langjährigen Weggefährten zu verlieren: „Der hört nicht ohne mich auf, das bringen wir gemeinsam zu Ende.“