Landwirts-Paare erzählen aus ihrem Alltag
Erfolgsfaktor: Ideale teilen
Sein Biohof ist für Amade Billesberger eine Herzensangelegenheit – er arbeitet hier seit 17 Jahren an einem ressourcenschonenden und tierfreundlichen Produktionssystem mit nahezu 100 Prozent Direktvermarktung. Diese unbedingte Leidenschaft hat Antonie Demmel sofort für ihn eingenommen, und wenn das Paar heute – mit zwei kleinen Kindern, sehr viel Arbeit und einem „nicht ganz einfachen“ Altenteiler – auch schwierige Phasen überstehen müssen, dann helfen ihnen die Freude an dem besonderen Betrieb und viel gegenseitige Gesprächsbereitschaft, damit umzugehen.
Familie Billesberger
„Es kracht schon öfter mal zwischen uns“ - mit ihren Schwierigkeiten, eine gute Balance zwischen Familienleben und Arbeitsbelastung im Betrieb zu finden, gehen Antonie und Amade offen um. Sie sind sich darüber bewusst, dass die ökologische Produktion von allein zehn verschiedenen Getreidesorten, die Haltung von 900 Hühnern und 100 Schafen und die nahezu komplette Direktvermarktung von Getreide, Eiern und Gemüse eine Aufgabe ist, die sich nicht leicht mit einem entspannten Familienleben verbinden lässt. Es hilft, dass auch Antonie voll hinter dem Hof und seinem Konzept steht. Sie ist eigentlich Juristin, arbeitet aber inzwischen viel auf dem Hof mit – und hat sich dort ihre eigenen Projekte geschaffen: „Ich habe das Büro digitalisiert, weil ich das technisch kann und weil es sehr viel Zeit frei macht. Richtig Freude macht es mir, Kindergruppen über den Hof zu führen, im letzten Jahr gut 20 mal. Auch Projekte wie die Tierpatenschaften kommen von mir, zusätzlich habe ich angefangen, als Trainerin im landwirtschaftlichen Umfeld zu arbeiten. Es ist so wichtig, etwas zu haben, was richtig Spaß macht und nicht nur als Helferin einzusteigen“ sagt die 37-jährige, die vor der Geburt der beiden Töchter in der Kommunikation eines globalen Tech-Konzerns als Juristin gearbeitet hatte. Amade freut sich über den Elan seiner Partnerin, wünscht sich aber noch mehr Verständnis für seine Situation: er hat einfach sehr wenig Freizeit. „Dafür haben wir drei gemeinsame Mahlzeiten am Tag, das gibt es sonst in wenigen Familien.“ sagt er. Gut essen ist überhaupt eine gemeinsame Leidenschaft der beiden, sie kochen vegetarisch und fast ausschließlich mit eigenen Produkten. Da ist sie wieder: Die Idee von einem etwas anderen Leben, die gerade auf einem Bauernhof sehr tief verbinden kann.
Erfolgsfaktoren für eine glückliche Partnerschaft
Jürgen und Annamaria Rademacher aus dem Maschinenring Rhein-Ahr-Eifel führen gemeinsam einen Milchviehbetrieb und sind gerade dabei, den Betriebszweig Ferien auf dem Bauernhof auszubauen. Die beiden sind seit 24 Jahren sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder im Alter von 23, 20 und elf Jahren.
Jürgen und Annamaria Rademacher
Vom Güllewagen aus hat Jürgen vor über 25 Jahren das Herz von Annamaria gewonnen. Sie war damals Kindermädchen und stand mit den Kleinen am Straßenrand, weil sie den näher kommenden Trekker sehen wollten. Annamaria hat dann vor allem den Fahrer gesehen – und war gleich hin und weg. Ein Jahr später waren sie verheiratet. Bereut hat diese Blitzentscheidung keiner von beiden, ganz im Gegenteil. „Richtig gestritten haben wir noch nie. Diskutiert ja, wir sprechen viel miteinander. Aber es war nie schwierig zwischen uns“, sagt Annamaria heute. Wie schaffen sie das? Mit viel Action, wie es scheint! „Wir haben gar keine Zeit zum Streiten“ meint Jürgen, da sind der Betrieb, auf dem beide sehr engagiert arbeiten, da ist ein großer Freundeskreis mit vielen Aktivitäten, und da sind auch noch etliche Vereine, in denen vor allem Jürgen aktiv ist. Trotzdem bleiben die beiden sich nahe und können auch aus dem Notwendigen etwas Schönes machen: „Wenn Jürgen losfährt, um zum Beispiel neue Tiere zu kaufen, dann sagt er immer: Fahr doch mit! Dann machen wir einen Ausflug daraus, im Auto können wir uns unterhalten. Es freut mich, dass ihm diese Zeit zu zweit genauso wichtig ist wie mir“, meint Anna. Jürgen vermutet, dass auch die gemeinsame Freude am Ausgehen und Feiern ein wichtiger Erfolgsfaktor ihrer Ehe ist. „Es gibt kein Wochenende, an dem wir nichts vorhaben. Dieser Ausgleich zur Arbeit tut uns gut, es wird nie eintönig zwischen uns. Und wenn einer alleine losziehen will, ist das auch völlig in Ordnung. Ich freue mich für Anna, wenn sie Spaß hat“. Natürlich ist die freie Zeit auf einem Milchviehbetrieb nicht selbstverständlich. Urlaube waren viele Jahre lang nicht drin – aber die kleinen Auszeiten, die gehörten für Annamaria und Jürgen von Anfang an dazu. Früher waren Oma und Opa regelmäßig als Babysitter und auch als Unterstützung im Stall im Einsatz. Und heute übernehmen die Kinder öfter mal die Stallarbeit. Auch der Umstieg auf einen Laufstall mit Melkroboter im Jahr 2007 hat neue Freiheiten gebracht, zum Beispiel kann man am Wochenende auch mal ausschlafen. Das nutzt das Paar gern. „Wir ticken so gleich“ meint Jürgen, „das ist einfach nur schön“.
Erfolgsfaktor:
Der Betrieb ist nicht alles
Dr. Insa Gosselaar und Kai Herlyn aus dem Maschinenring Nord-West sind ein Paar, seit die beiden 16 Jahre jung waren. Sie haben gemeinsam Abitur gemacht, Insa studierte Tiermedizin, Kai Agraringenieurswesen, und auch nach der Betriebsübernahme bliebt Insa beruflich eigenständig.
Dr. Insa Gosselaar und Kai Herlyn Bild: Torsten von Reeken
Bloß gut, dass Insa bei der Wahl ihres Mannes nicht auf ihre Mutter gehört hat. Deren Empfehlung „Heirate bloß keinen Bauern!“ hat sie vor 25 Jahren direkt in den Wind geschlagen – und in Kai einen Ehemann gefunden, mit dem sie bis heute glücklich ist, in einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Die beiden Norddeutschen machen beruflich beide ihr eigenes Ding: Agraringenieur Kai führt den Milchviehbetrieb mit 80 Kühen plus Nachzucht, Tierärztin Insa ist Teilhaberin einer Kleintierpraxis. Sie kümmert sich zwar um die eigenen Tiere, wenn die eine Behandlung brauchen oder besamt werden müssen, aber sonst hat sie keine festen Aufgaben auf dem Hof. Den schmeißt Kai mit einer Auszubildenden und einer Teilzeit-Kraft und ist über die Eigenständigkeit seiner Frau keineswegs unglücklich.
Für Insas berufliche Laufbahn hat sich der Lebensort Bauernhof sogar in einen Vorteil verwandelt, nachdem vor 16 Jahren Sohn Heye auf die Welt kam: Insas Vater unterstützt seitdem in allen Bereichen, ob im Stall oder beim täglichen Kochen. Und Kais Eltern wohnen nur 500 Meter entfernt und springen ein, wenn Hilfe gebraucht wird.
Kai freut sich, dass es bei seiner Frau beruflich gut läuft, denn das nimmt bei ihm auch Druck weg. „Es gibt in der Landwirtschaft Phasen, wo es auch mal eng wird. Da kann ich trotzdem entspannt wirtschaften, weil ein zweites Einkommen da ist“, so der 53-jährige.
Bleibt die Frage, wie viel Zeit für die Partnerschaft bleibt, wenn beide so engagiert ihren Berufen nachgehen. Da lautet das Geheimnis bei Insa und Kai: Spontan sein und alle Gelegenheiten nutzen, um Zeit miteinander zu verbringen. Auf Radtouren und Spaziergängen mit dem Hund können sie entspannen und sich unterhalten – zu erzählen haben sich die beiden immer etwas.