Stallfläche, Anbindehaltung, Förderrichtlinien: Wer einen neuen Stall baut, muss viele Dinge beachten. Doch welche gesetzlichen Auflagen gelten im Viehstall? Und was kommt künftig auf Stallbauer zu? Wir erklären den aktuellen Stand der Dinge.


Vor zwei Jahren hat Familie Dürr in einen neuen Stall investiert. Bildquelle: Dürr
Der Bau eines neuen Stalls ist eine Mammutaufgabe. Doch für die meisten Landwirtinnen und Landwirte gehört er einmal im Leben dazu. So auch für Jennifer und Georg Dürr aus Großkarolinenfeld in Oberbayern. Die Milchviehbauern haben vor zwei Jahren einen modernen Stall gebaut – mit Stallmatten aus Gummi, abtrennbaren Wänden und großen Liegeboxen für ihre 110 Rinder. “Wir hatten davor Anbindehaltung”, sagt Landwirtschaftsmeister Georg Dürr. “Jetzt haben wir den neuesten Standard im Stall.”
Für die Familie fiel der Bau des Stalls in eine turbulente Zeit: Anfang 2022 waren die Zinsen bei den Banken noch niedrig, doch dann stiegen sie während des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine rasant an. “Die Baupreise sind damals extrem schnell gestiegen. Deshalb mussten wir schnell handeln”, erinnert sich Dürr.
Komplexe Förderrichtlinien
Das Problem: Die Familie musste lange auf die Förderzulage warten. “Bis wir den Bescheid bekommen haben, waren schon sieben Monate seit der Einreichung vergangen”, sagt Bäuerin Jennifer Dürr. Bepflanzungsauflagen, die Größe des Laufhofs, Auflagen zur Überdachung: Die Förderrichtlinien waren sehr komplex, sagt die 32-Jährige. “Die Paragrafen, die steuerlichen Sachen, das war schon alles sehr viel.”
Gut, dass die Familie einen Berater an der Seite hatte, der den Dürrs geholfen hatte: Michael Höhensteiger vom Maschinenring Aibling. “Der hat sich um Dinge gekümmert, an die man selbst gar nicht denkt”, sagt Jennifer Dürr. Seine Beratung steht Mitgliedern des Maschinenrings Aibling offen.
Höhensteiger sagt, dass sich in den vergangenen Jahren einige Regeln bei der Stallbauförderung geändert hätten. “Lauf- und Fressgänge müssen bei Neubauten beispielsweise mindestens 2,50 Meter beziehungsweise 3,50 Meter breit sein. Auch beim Auslauf gibt es neue Regelungen: Eineinhalb Quadratmeter stehen pro Kuh zur Verfügung, wobei ein Drittel des Laufhofs überdacht sein kann.” Zudem muss jedes Tier einen Liegeplatz bekommen.
Bis zu 60 Prozent Förderung
Bei Familie Dürr wurden mit dem “Agrarinvestitionsförderprogramm” der bayerischen Staatsregierung 40 Prozent der Kosten gefördert, umgerechnet rund 320.000 Euro. Auf Bundesebene gibt es das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung. Die Förderung ist nach der Investitionssumme gestaffelt: Bei einer Investition von 500.000 Euro werden beispielsweise 60 Prozent gefördert, für weitere 1,5 Millionen Euro gibt es bis zu 50 Prozent der Ausgaben. Das Programm wurde von der Ampel-Regierung eingeführt – und steht auch unter der neuen Regierung zur Verfügung.
Der neue Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) hat Mitte Mai im Bundestag in einer Regierungserklärung das Arbeitsprogramm seines Ministeriums für die kommende Wahlperiode vorgestellt. Erklärtes Ziel ist der Abbau von Bürokratie. Zudem kündigte er “konkrete Angebote” für mehr Tierwohl an. “Ich möchte ein Förderprogramm für Tierwohlställe auf den Weg bringen, das langfristige Planungssicherheit schafft”, so Rainer.
Konkrete Vorhaben nannte der Minister bisher jedoch nicht. “Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht zu Details einlassen können”, so ein Sprecher des Ministeriums auf Nachfrage. Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) ist seit Anfang Mai im Amt.
Abbau von Hürden beim Stallbau
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD wird zumindest der Bestandsschutz für Tierwohlställe garantiert: “Wir schaffen genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau ab und schaffen Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre und ermöglichen im Baugesetzbuch (BauGB) einen unkomplizierten Tierartenwechsel”, heißt es in dem Papier.
Zudem soll ein “einmaliges Prüf- und Zulassungsverfahren für neue Stallsysteme” eingeführt werden, um “Investitionsschutz sowie Rechts- und Planungssicherheit” herzustellen. Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die notwendigen Mittel für den tierwohlgerechten Stallumbau bereitzustellen.
Das Ministerium unter Rainer verbreite nicht gerade Aufbruchstimmung, sagt Nils Thun, Präsident des Bundesverbandes der Maschinenringe.
Der Verbandschef führt selbst einen Schweinebetrieb mit 4500 Mastplätzen in Schleswig-Holstein. Er kennt die Sorgen seiner Berufskollegen: „Wir Landwirte brauchen Planungssicherheit. Bei den geringen Margen in der Landwirtschaft ist es schwierig, wenn fünf Jahre nach dem Neubau der Stall wieder umgebaut werden muss.“
„Abwarten ist gefährlich“
Viele Betriebe hielten sich deshalb mit Investitionen zurück. Bestehende Gebäude würden mit weniger Aufwand umgebaut – auch wegen langwieriger Genehmigungsverfahren. So war es auch bei Thun. „Ich wollte einen neuen Stall bauen. Doch die Genehmigungsverfahren und besonders die starren Regeln beim Emissionsrecht haben das Projekt zunichtegemacht.“ Das sei schade, betont er, denn viele Landwirte würden gerne das Tierwohl auf ihren Betrieben umsetzen. Doch wenn es bereits bei der Genehmigung derart große Hürden gebe, stellten viele Kollegen den Neu- oder Umbau des Stalls zurück. "Abwarten ist aber gefährlich für unsere Branche", sagt Thun. “Die größte Gefahr für uns Landwirte ist, wenn wir uns nicht weiterentwickeln.”
Diese Meinung vertritt auch die Familie Dürr aus Oberbayern. „Man muss als Landwirt flexibel bleiben. Du musst etwas ändern, wenn du weitermachen möchtest“, sagt Bäuerin Jennifer Dürr. Wenn man Angst vor den gesetzlichen Änderungen der Politik habe, brauche man erst gar nicht zu bauen. Ihr neuer Stall soll die kommenden 30 Jahre halten. Und wenn sich die Familie später für eine neue Haltungsform entscheidet, sei man mit dem neuen Stall bestens dafür vorbereitet, sagt Landwirt Georg Dürr.


Jennifer und Georg Dürr aus Oberbayern haben den Neubau ihres Kuhstalls gewagt. Bildquelle: Dürr