Das Betriebskonzept der Landwirtsfamilie Dreher setzt auf Innovation und Vielseitigkeit. Der Hof im schwäbischen Bad Saulgau wirtschaftet nachhaltig, arbeitet mit modernster Technik und packt jedes Projekt mit Leidenschaft an.
Tobas Dreher, MR-Mitglied aus Bad Saulgau Bild: Alexander Waas
Wenn Tobias Dreher seinen Cousin Thomas beim Mähen der Wiesen in den grünen Hügeln Oberschwabens rund um Bad Saulgau besucht, dann steigt er dazu gerne mal in seinen Tesla. Der Strom für das E-Auto kommt von den eigenen Dächern. „Wir produzieren so viel Strom, klar, dass wir den auch für unsere Fahrzeuge nutzen“, sagt er. In der vierten Generation bewirtschaften die Drehers den heutigen Erlebnishof bereits und haben ihn ständig erweitert und zu einer modernen Landwirtschaft ausgebaut, die auf zahlreichen Standbeinen steht und von Tobias (51) und seiner Frau Claudia (41) ständig weiterentwickelt wird.
Zu Besuch auf dem Zukunftsbauernhof der Familie Dreher
Schnelle Arbeit
Bei der Bewirtschaftung seines Grünlands setzt Tobias Dreher auf Schlagkraft und moderne Technik auf den 80 Hektar, die es für die Grassilage zu ernten gilt. „Uns reichen anderthalb Tage schönes Wetter“, sagt er. Dann mäht er mit Cousin Thomas und Mitarbeitern die Flächen mit hochmodernen Großflächenmähwerken mit Schwadzusammenlegung. „Wir mähen 18 Meter Breite und legen sie auf zwölf Meter ab und drei Stunden später kann der Schwader gleich hinterherarbeiten. Am nächsten Morgen kommt der Häcksler und dann sind bis zum Abend 80 Hektar eingepackt“, schildert Tobias Dreher. Die Schwadzusammenlegung beschleunige die Arbeit um mehr als eine Stunde. „Man kann sich das genau ausrechnen: Bei 80 Hektar sind das zwischen 20 und 30 Kilometer, die der Häcksler weniger fahren muss. Und das merken wir ganz klar.“ In seinem Maschinenpark setzt Dreher auf die Produkte des Herstellers Claas, der in Bad Saulgau Futtererntetechnik herstellt. Nicht nur wegen der Nähe, sondern auch wegen Drehers innovativem Denken stellte Claas erst im Juli seine Neuheiten in der Futtererntetechnik auf dessen Hof vor. Für den überbetrieblichen Einsatz stellte Claas dort fünf neue DISCO Großflächenmähwerke mit und ohne Aufbereiter vor: DISCO 8500 C TREND, DISCO 8500 RC TREND, DISCO 9300 C COMFORT und DISCO 9300 RC COMFORT. Die Mähkombinationen des Herstellers decken jetzt Arbeitsbreiten von 8,30 bis 10,70 Metern ab.
Bei der Grassilageernte ist Schnelligkeit und Schlagkraft gefragt. Bild: Alexander Waas
Neuer Mut – Neue Ideen
Wenn es um Unternehmermut und Innovation geht, dann sind Claudia und Tobias Dreher meist vorn dabei. Die heutige Hofstelle übernahm Vorfahr Alois Dreher bereits 1890. Tobias Dreher ist bereits die vierte Generation, die den Hof bewirtschaftet und ständig weiterentwickelt. Gemeinsam mit ihren Kindern Pia, Toni, Rosalie und Henry und den Großeltern Elisabeth und Anton Dreher leben sie auf Drehers Erlebnishof. In den Ställen stehen 110 schwarzbunte Milchkühe und Jungvieh. „Das Wohl unserer Kühe liegt uns sehr am Herzen“, betont Tobias Dreher. Zur Milchviehhaltung kommen 100 Hektar Grünland und rund 150 Hektar Ackerbau. Das Standbein in der Landschaftspflege widmet sich der Bewirtschaftung von Naturschutzflächen und der Grünpflege.
Immer mittags findet die gesamte Familie Dreher am Tisch zusammen. Foto: Alexander Waas
120 Milchkühe stehen im Stall der Landwirtsfamilie. Foto: Alexander Waas
Seit 2003 liefert eine Biogasanlage 420 kW Strom und Fernwärme. Auf den Dächern von Wohn- und Betriebsgebäuden sind 400 KWp Photovoltaik-Leistung installiert. Auf dem Hof können Kunden und Gäste grünen Strom an der Tankstelle für ihre E-Mobile tanken. Ein weiteres Standbein ist die Vermietung von Ferienwohnungen. Dazu bauten Tobias und Claudia Dreher kontinuierlich um und aus, sodass jetzt 11 Unterkünfte in verschiedenen Größen zum Urlaub einladen. Tiere und Freizeitaktivitäten werten das Angebot auf. Die Gästebetreuung hat Claudia Dreher übernommen. Sie betreut auch den Hofladen mit Selbstbedienungs-Milchhäusle und das Hofcafé.
Mit Milchhäusle, Hofladen und Hofcafé hat sich die Familie weitere Standbeine geschaffen. Foto: Alexander Waas
Wohlfühlhof für Kühe
Das Credo der Drehers: „Geht es dem Tier gut, profitiert davon auch der Landwirt“. Tobias Drehers Vater Anton war vor 50 Jahren einer der ersten Landwirte der Region, der von Anbindehaltung auf Boxenlaufstall umstellte. „Ich war damals schon davon überzeugt, dass es besser für die Kühe ist“, sagt er. Seit 2002 melken zwei Roboter die Tiere. Das vollautomatische Melksystem arbeitet mit Laser und optischen Sensoren selbstständig. Chips im Halsband der Tiere helfen dem Roboter, die Tiere zu erkennen und speichern bei jedem Tier Daten wie Milchmenge und Qualitätsmerkmale. Die Tiere entscheiden selbst, wann und wie oft sie gemolken werden wollen.
Das Futter liefert seit 2012 ebenfalls ein Roboter in den Futtertrog. Zehnmal am Tag bereitet die Maschine frisches Futter aus Gras- und Maissilage nach vorgegebenen Werten und ergänzt mit Getreideschrot. Anschließend verteilt er das Futter vollautomatisch. „Wir automatisieren alles, was geht“, erklärt Tobias Dreher. Selbst die Einstreutechnik sei mittlerweile automatisch. Betrieben würden die Roboter allesamt mit Strom. „Und diesen Strom machen wir natürlich selber!“
Ein Blick in den Boxenlaufstall, in dem die Kühe seit 50 Jahren Platz finden. Foto: Alexander Waas
Der Fütterungsroboter bereitet zehn Mal am Tag frisches Futter. Foto: Alexander Waas
Der Hof als Kraftwerk
Die Energie wird auf dem Hof von Tobias Dreher nie knapp. Dafür sorgt die Biogasanlage mit ihren 420 kW Leistung. Sie liefert Strom, den die Drehers in das regionale Stromnetz einspeisen. Die Abwärme heizt seit 2008 über ein eigenes Nahwärmenetz mittlerweile 80 Haushalte im Bioenergiedorf Lampertsweiler. „Das war damals ein Selbstläufer“, sagt der Landwirt. Vergoren werden nachwachsende Rohstoffe sowie Gülle und Mist aus den eigenen Ställen. Das Gärsubstrat gelangt als Dünger wieder auf die eigenen Felder. Somit liege ein nahezu geschlossener Nährstoffkreislauf vor.
Die Biogasanlage und Photovoltaik versorgen den Hof und die Nachbarschaft mit Energie und Wärme. Foto: Alexander Waas
Mit dem Strom aus der Biogasanlage wird die öffentliche Biostrom-Ladestation gespeist. Hier können die Fahrer von E-Autos bereits seit fünf Jahren ihre Fahrzeuge mit 150 kW schnellladen, während sie zu Gast sind. „Ich habe das auch gemacht, um zu zeigen, dass E-Mobilität auch hier funktioniert“, sagt Tobias Dreher. Auf dem Hof sind daher auch alle Pkw und Teile der Arbeitsfahrzeuge elektrifiziert.
Beinahe alle Dachflächen auf Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des Hofs sind mit Photovoltaikmodulen bestückt. Diese liefern laut Tobias Dreher eine elektrische Leistung von 400 kWp. Rund 200 kWh speichert er in Batterien auf dem Hof und betreibt damit elektrische Anlagen wie Melk- oder Futterroboter.
Tobias Dreher betankt den Hoflader mit Biostrom aus der hofeigenen Schnellladestation. Foto: Alexander Waas
200 kWh Strom können in Batterien auf dem Hof gespeichert werden. Foto: Alexander Waas
Die Drehers bauten 2010 die historische Scheune mit Hofeinfahrt um. Darin finden sich jetzt moderne Ferienwohnungen in verschiedenen Größen. Holzchalets, Ferienwohnungen und das Ferienhäusle rund um die Hofstelle, ein Streichelzoo, Ponyreiten, eine Spielscheune und eigene E-Bikes runden das touristische Angebot für Familien ab.
„Ich bin mit Urlaubsgästen auf dem Hof groß geworden“, erzählt Tobias Dreher. Der Betrieb der Ferienwohnungen ist Claudia Drehers Aufgabe, sie kümmert sich auch um das Wohlbefinden der Gäste, pflegt den Streichelzoo und organisiert im Sommer einmal pro Woche einen Grillabend, bei dem alle Gäste des Erlebnishofs zusammenkommen und feiern können.
Claudia und Tobias Dreher inmitten ihrer Kleintiere. Hier fühlen sich besonders junge Gäste auch wohl. Foto: Alexander Waas
Im Hofladen verkauft die Bäuerin Eier, Butter, Nudeln, Marmelade, Schnaps und Wurst von eigenen Tieren sowie aus der eigenen Jagd. Außerdem gibt es jeden Freitag selbstgebackenes Holzofenbrot sowie Kuchen und Zopfbrot von Schwiegermama Elisabeth Dreher. Ergänzend zum Hofladen haben die Drehers 2016 ihr „Milchhäusle“ eingerichtet, in dem Kunden 24 Stunden am Tag frische Milch, Bauernhof-Eis und regionale Produkte aus Automaten kaufen können. Wer auf Drehers Erlebnishof feiern oder einkehren will, findet im Hofcafé eine Location. In einem Gehege halten die Drehers Rothirsche.