Landwirte wollen mit Elon Musk den Hunger besiegen

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    Hilfe zur Selbsthilfe: Maschinenringe-Chef Erwin Ballis will mit dem Konzept der shared economy der Unterernährung weltweit den Kampf ansagen. Sein erster Mitstreiter könnte der reichste Mann der Welt sein.

    Die Bekämpfung des Hungers in der Welt ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit. 800.000.000 Menschen leiden täglich unter Hunger. Alle 13 Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Unterernährung. 75 Prozent der Hungernden leben in ländlichen Regionen der Welt. Für Erwin Ballis, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Maschinenringe, ist daher klar, dass nur eine nachhaltige Landwirtschaft die Menschheit langfristig vor Hunger bewahren könne. Sein Vorschlag ist eine kühne Idee, mit der er Elon Musk, den reichsten Mann der Welt, herausfordert: „Mit einer Summe von sechs Milliarden US-Dollar schaffen wir es, 400.000 Maschinenringe in Afrika zu gründen und könnten das Problem der Welternährung dort lösen, wo es entsteht.“ Mit dem Hashtag #up2you sammelt er Unterstützer, die seinem Anliegen Nachdruck verschaffen und für Gehör beim Tesla- und SpaceX-Gründer sorgen sollen.

    Ballis‘ Idee für eine Welternährungskampagne hat einen Hintergrund. Als David Beasly, Exekutivdirektor des Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen, Ende Oktober 2021 auf CNN erklärt, dass zwei Prozent des Vermögens von Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk ausreichen würden, um 42 Millionen Menschen im kommenden Jahr vor Hungersnöten zu bewahren, wird Ballis hellhörig. Denn Musk, der reichste Mensch der Welt, antwortet Beasly via Twitter, wenn das Welternährungsprogramm einen Plan vorlegen könne, wie mit sechs Milliarden Euro der Hunger in der Welt gestoppt werden könne, würde er, Musk, umgehend Tesla-Aktien in der genannten Höhe verkaufen und den Erlös dafür stiften.
    „Es ist immer besser, die Ursache anzugehen, als nur die Auswirkungen zu lindern“, wirbt Ballis seit ein paar Tagen im Netz unter up2you.maschinenring.de und auf Twitter unter twitter.com/erwinballis für seine Idee. Die Maschinenringe seien die erste Sharing-Economy-Organisation der Landwirtschaft. Ihre Idee einer Gemeinschaft, in der Menschen, Arbeitskraft, Wissen und Maschinen dem Wohle aller dienen, habe sich seit Gründung der Maschinenringe vor rund 60 Jahren schon in 17 Ländern etabliert. „Wir lösen Probleme dort, wo sie entstehen“, erklärt Ballis.
    Eine Welt ohne Hunger ist nach seiner Vorstellung möglich. Dafür benötige man allerdings keine kurzfristigen Programme, sondern eine nachhaltige Idee. Ballis‘ Vorschlag an Elon Musk lautet daher, den Landwirten in Afrika mit einfachen Mitteln zu helfen, sich selbst und andere zu ernähren. Das Konzept der Maschinenringe stehe für Hilfe zur Selbsthilfe als eine Organisation von Landwirten für Landwirte. Bereits mit einfacher Mechanisierung ließen sich große Effekte erzielen.

    Erwin Ballis weiß, wovon er spricht, denn der Bundesverband der Maschinenringe ist seit einigen Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit in Afrika tätig. Seit 2018 hilft der Bundes-verband der Maschinenringe im Senegal Landwirten bei der Mechanisierung ihrer Betriebsstrukturen. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium, von der Entwicklungsorganisation Sequa und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Was 2018 mit der Anschaffung einfacher Getreidemühlen begann, hat sich zu einem Projekt etabliert, das den Menschen auf dem Land durch Umsetzung der Maschinenring-Idee mittlerweile zu Produktivitätssteigerungen und Arbeitserleichterungen verhilft. „In fünf Jahren wollen wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen von bis zu einer Million Menschen verbessert haben“, hat Ballis, der glühende Verfechter der Entwicklungszusammenarbeit, als Ziel vor Augen.

    Mittlerweile habe sich im Senegal eine Wertschöpfungskette mit drei regionalen und 21 lokalen Maschinenringen und fast 3000 landwirtschaftlichen Mitgliedern entwickelt. „Inzwischen wurden dort 400 Geräte angeschafft", berichtet Ballis. Dabei handle es sich vorwiegend um einfache Dreschmaschinen und Getreidemühlen, aber auch Traktoren, mit denen die Äcker effizienter bearbeitet werden können. Die Projektarbeit finde in den drei Regionen Thiès, Kolda und Ziguinchor statt. Die politische Lage dort sei stabil und so hoffe man, bis Jahresende die Zahl der lokalen Maschinenringe sogar bis auf 40 steigern zu können.
    Indes hat die Idee der Maschinenringe bereits den Sprung an die afrikanische Ostküste geschafft. Auch hier engagiert sich der Bundesverband der Maschinenringe seit kurzem in der Entwicklungshilfe. Das Projekt „Maschinenringe als Selbsthilfeorganisationen für kleinbäuerliche Familienbetriebe in Kenia“ verfolgt das Ziel, dass kleine und mittlere Landwirtschaften in Westkenia innovative Mechanisierungslösungen zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in der Bewirtschaftung ihrer Betriebe nutzen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit über den Fonds zur Förderung von Innovationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft der GIZ finanziert und von der Sequa gGmbH durchgeführt. Aufgabe des BMR e.V. ist es, bei der Organisationsentwicklung der Maschinenringe in Kenia zu beraten und die Maschinenringe vor Ort aufzubauen. Mit Erfolg, denn binnen Wochen gelang es den Projektmanagern vor Ort, 16 Maschinenringe mit weit über 1.600 Mitgliedern aus der Taufe zu heben.

    Es sind diese Projekte, die Ballis überzeugen, dass mit dem Konzept der Maschinenringe als lokale landwirtschaftliche Gemeinschaft die Ernährungssituation langfristig deutlicher verbessert werden kann, als kurzfristige Spendenaktionen dies zu leisten vermögen. „Pro Maschinenring benötigen wir 15.000 Euro als Anschubfinanzierung“, sagt Ballis. Mit einer möglichen Sechs-Milliarden-Euro-Spende könne Elon Musk helfen, 400.000 lokale Selbsthilfeorganisationen ins Leben zu rufen, die für eine Verbesserung der Ernährungssituation durch eine nachhaltige und lokale Landwirtschaft sorgen. Um seinem Anliegen beim reichsten Mann der Welt Gehör zu verschaffen, setzt Erwin Ballis aber nicht nur auf gute Argumente, sondern auch auf die Macht der Menge. Deshalb gibt es auf der Website up2you.maschinenring.de auch einen „Daumen hoch“-Button, mit dem Unterstützer der Idee ihre Zustimmung signalisieren sollen. „Und jetzt kommst Du“, richtet sich der Maschinenringe-Chef an den reichsten Menschen der Welt. „Wenn Elon Musk von unserer Idee hört und sie unterstützenswert findet, stehen wir bereit!“

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    HINTERGRUNDINFORMATION

    Die Organisation:
    Der Maschinenring wurde 1958 im niederbayerischen Buchhofen gegründet. Ein Maschinenring ist eine Vereinigung, in der sich landwirtschaftliche Betriebe zusammenschließen, um Land- und Forstmaschinen gemeinsam zu nutzen sowie landwirtschaftliche Arbeitskräfte bei Überkapazitäten zu vermitteln. Die Maschinenringe haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Solidaritätsgedanken zwischen Mitgliedsbetrieben zu stärken. Vor diesem Hintergrund bietet der Maschinenring seinen Mitgliedsbetrieben auch Hilfen für den wirtschaftlichen und sozialen Bereich an. Damit wird der ländliche Raum gefördert, womit ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Landwirtschaft geleistet werden kann. Auf Bundesebene ist der Bundesverband der Maschinenringe e. V. die Dachorganisation. Durch zwölf Landesverbände und rund 240 lokale Maschinenringe werden etwa 187.200 landwirtschaftliche Betriebe unterstützt.

    Wissenstransfer:
    Der Bundesverband der Maschinenringe bringt in seinen Entwicklungszusammenarbeit-Projekten sein Know-how um Prozesse, Wissensvermittlung und Landwirtschaft ein. Gerade im Bereich Wissensvermittlung hat die Organisation ein Alleinstellungsmerkmal, das für die Entwicklungszusammenarbeit ein Dreh- und Angelpunkt ist: Die Akademie der Maschinenringe liefert die didaktischen Konzepte für die Fortbildung der Projektteilnehmer aller Bildungsstufen und garantiert so einen niederschwelligen Wissenstransfer.

    Projektpartner:
    Senegal: Bayerisches Landwirtschaftsministerium, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über sequa gGmbH Kenia: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Fonds zur Förderung von Innovationen in der Agrar und Ernährungswirtschaft der GIZ finanziert und von der sequa gGmbH durchgeführt.