Eine der ganz großen Gefährdungen für alle Beschäftigten in der Landwirtschaft ist der Umgang mit Tieren und die Tierhaltung an sich. Moderne Ställe sind hochkomplexe Arbeitsumgebungen. Sehr viel Technik, zum Teil automatisierte Fütterungssysteme und effiziente Lüftungseinrichtungen, prägen das Bild.


Gefährdungen durch Dämpfe und Stäube treten in der Landwirtschaft besonders häufig in bodennahen Bereichen auf, in denen sich Tier und Mensch aufhalten. Foto: Landpixel
Trotz aller Fortschritte bleiben unsichtbare Gefahren bestehen, insbesondere durch Dämpfe und Stäube, die sowohl für Mensch als auch Tier ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen können. Bestimmte Atemwegserkrankungen gelten in der Landwirtschaft deshalb sogar als Berufskrankheit.
In geschlossenen Stallanlagen entstehen durch die Zersetzung von Harn und Kot verschiedene Gase. Besonders relevant sind:
- Ammoniak (NH₃): Reizt Augen, Atemwege und Schleimhäute. Langfristige Exposition kann zu chronischen Atemwegserkrankungen führen.
- Schwefelwasserstoff (H₂S): Bereits in geringen Konzentrationen toxisch. In Güllegruben kann es bei Bewegung der Gülle zu plötzlichen Freisetzungen kommen – mit tödlichem Ausgang.
- Kohlendioxid (CO₂): Entsteht durch Atmung und Gärprozesse. In schlecht belüfteten Bereichen kann es zu Sauerstoffverdrängung kommen.
Diese Gase sind farb- und geruchlos und werden oft unterschätzt. Sie sind besonders gefährlich, denn sie sammeln sich in Bodennähe, also genau dort, wo Tiere und arbeitende Menschen sich aufhalten. Niemand sollte Rettungsversuche daher nie alleine unternehmen! Im Notfall gilt es immer zuerst Hilfe zu holen und nur mit geeigneter Ausrüstung einen Rettungsversuch zu unternehmen!
Die klassische TOP-Methodik unterscheidet in technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen.
Technische Maßnahmen:
- Verwendung effizienter Lüftungssysteme (Querlüftung, Unterdrucksysteme)
- Einbau von Gaswarnsystemen in Güllelagern oder schlecht belüfteten Räumen
- Trennung in Schwarz-Weiß Bereiche: der Stall wird nur über eine Schmutzschleuse betreten und verlassen
Organisatorische Maßnahmen:
- Verwendung von staubarmen Fütterungssystemen (z. B. Flüssigfütterung)
- Unterweisung der Beschäftigten
- unnötige Staubentwicklung vermeiden
Personenbezogene Schutzmaßnahmen:
- Atemschutzmasken (mindestens FFP2 bei staubintensiven Arbeiten)
- Aufenthaltsdauer in belasteten Bereichen minimieren
- Reinigen der Hände, Duschen, Haarewaschen
- Regelmäßige Wartung und Kontrolle der Lüftungstechnik
Stäube in der Tierhaltung bestehen aus einer Mischung aus:
- Futtermitteln und Futterresten/ Einstreu
- Pflanzlichen Allergenen (Pollen z.B. bei der Gras- und Heuernte)
- Hautschuppen
- Federn oder Haaren
- Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Pilzsporen)
- Kotpartikeln
Diese organischen Stäube sind nicht nur ein Hygieneproblem, sondern können allergische Reaktionen, chronische Bronchitis oder schlimmstenfalls beruflich bedingtes Asthma auslösen. Besonders gefährlich sind Feinstäube, die tief in die Lunge eindringen können. Zum Erkennen der Risikobereiche ist eine Gefährdungsbeurteilung unumgänglich. Gefährdungen durch Dämpfe und Stäube treten in der Landwirtschaft besonders häufig auf bei üblichen Tätigkeiten, die oft gar nicht unmittelbar als gefährlich eingeschätzt werden. Dazu gehören das Entmisten und Gülleaufrühren, die Arbeit in geschlossenen Stallanlagen mit unzureichender Belüftung und besonders auch das Füttern mit staubigem Futter. Hier gilt es nach der klassischen TOP-Methodik (Technisch, Organisatorisch, Personenbezogen) geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen (siehe Infokasten).
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) hat mit der Unfallverhütungsvorschrift Tierhaltung (VSG 4.1) klare Anforderungen formuliert, um die Sicherheit in Stallanlagen zu erhöhen. Diese Vorschrift verpflichtet Betreiber dazu, Gefährdungen durch Gase und Stäube systematisch zu beurteilen und zu minimieren.
Dämpfe und Stäube im Stall sind unsichtbare, aber sehr reale Gefahren. Wer sie ignoriert, riskiert nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die seiner Mitarbeitenden und Tiere. Mit einem Mix aus technischen Lösungen, bewusstem Verhalten, gesetzlicher Orientierung und regelmäßiger Schulung lassen sich viele Risiken deutlich reduzieren. Im Umgang mit Gasen heißt es immer Ruhe bewahren, Rettungskette alarmieren und möglichst für Luftzufuhr sorgen.
Die Kollegen der MR-Arbeitssicherheit und die Mitarbeiter der SVLFG sind gerne Ansprechpartner, wenn um Fragen zur Gefährdungsbeurteilung und der Umsetzung im Betrieb geht.
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