Herr Prof. Dr. Hoffmann, wir alle kennen die Symbolbilder von ausgetrockneten, harten und rissigen Böden. Wie realistisch ist es, dass wir in den kommenden zehn Jahren flächendeckend solche Bilder auf unseren Feldern sehen werden?
Die Antwort hängt ganz davon ab, wo Sie in Deutschland wohnen. Der Norden und Osten des Landes leiden schon seit einiger Zeit unter Trockenheit oder sogar Dürre. Die Prognosen deuten darauf hin, dass sowieso schon niederschlagsarme Regionen noch weniger Regen abbekommen könnten. Auch werden neue Trockenregionen hinzukommen. Dennoch wird es landesweit in den nächsten zehn Jahren sehr wahrscheinlich nicht zu solchen Bildern kommen.
Das klingt ein bisschen nach Entwarnung?
Leider nicht, falsche Panik hilft aber auch niemanden. Richtig ist, dass unsere Sommer generell immer heißer und unsere Winter regional trockener werden. Die aktuellste Grundwasseruntersuchung von 2021 sagt aber auch, dass 95 Prozent der Grundwasserkörper mengenmäßig und etwa zwei Drittel chemisch in einem guten Zustand sind. Wir sollten trotzdem beginnen, Wasser in Deutschland als endliche und kostbare Ressource zu begreifen.
Wertvolle Ressourcen wecken meistens Begierde. Wem gehört die wertvolle Ressource Wasser?
Bei natürlichen Gewässern, das sind Seen, Flüsse und auch das Grundwasser, gibt es kein Recht auf Eigentum. Sobald Sie neben der erlaubten Entnahme von geringen Mengen mehr entnehmen wollen, benötigen Sie dafür eine behördliche Erlaubnis. Bei einem künstlich angelegten Teich ist das natürlich anders.
Prof. Dr. Hoffmann
Bleiben wir beim Grundwasser. Wenn Landwirte ihre Flächen bewässern müssen, greifen sie dabei überwiegend darauf zurück. Wie sieht so eine behördliche Erlaubnis aus?
Da unterscheidet das Wasserrecht zwischen Erlaubnis und Bewilligung. Ersteres kann jederzeit widerrufen werden und wird ohne öffentliche Anhörung vergeben. So eine Erlaubnis bekommen beispielsweise Klärwerke. Für landwirtschaftliche Betriebe ist die Bewilligung zur Wasserentnahme relevant. Dem vorgeschaltet ist ein komplexes Verfahren, Ort und Menge müssen genau definiert und die Öffentlichkeit angehört werden. So eine Bewilligung ist immer auch zeitlich begrenzt.
Müssen sich Landwirte darauf einstellen, dass diese Bewilligungen in Zukunft restriktiver vergeben werden?
Auch das hängt davon ab, wo Sie wohnen. In wasserarmen Regionen sinkt die Bewilligungsdauer oft auf fünf bis zehn Jahre. Für das in großen Teilen wasserreiche Bayern gab es vor kurzem den Vorschlag, dass solche Bewilligungen nur noch für ein Jahr oder eine Bewässerungssaison ausgestellt werden. Das ist zwar nur ein Vorschlag, zeigt aber: Die freie Verfügbarkeit von Wasser wird bei den Behörden nicht mehr als selbstverständlich gesehen.
Gibt es so etwas wie eine Wasserhierarchie und wo steht dort die Landwirtschaft?
Das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht. Daraus leitet sich ab, dass die Trinkwasserversorgung in dieser Hierarchie ganz oben steht. Danach gibt es keine gesetzlich verbriefte Priorisierung. Ob bei Wasserknappheit der Mineralwasserabfüller dem Landwirt bevorzugt wird oder nicht, dürfte also eine lokale Einzelfallentscheidung sein.
Landwirte, die Bewässern müssen, sollten sich also sicherheitshalber darauf einstellen, dass ihnen der Hahn abgedreht werden könnte?
Nein, das auf keinen Fall. Sie müssen sich aber darauf einstellen, dass sie mit weniger Wasser wirtschaften müssen. Das bedeutet natürlich, dass sie sich mit Humusbildung, Bodenverdichtung, Erosion, neuen Fruchtfolgen und Zwischenfrüchten beschäftigen müssen. Diese enorme Leistung und die Vorteile davon für alle müssen sie auch kommunizieren. Die Landwirtschaft ist nämlich nicht der große Wasserverschwender. Jeder Tropfen sorgt dafür, dass Ernteausfälle verhindert oder minimiert werden. Und dieser Wasserbedarf wird im Klimawandel weiter steigen.