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Magazin Ausgabe 05/2024
05/2024
4. Dezember 202404.12.24

Pflanzenzüchter suchen Lösungen für Landwirte

Bundesverband der Maschinenringe e.V

Schädlinge und Krankheitserreger werden für die Landwirtschaft zu einem immer größeren Problem. Vor allem bei Gerste und Rüben haben sie in den vergangenen Jahren zu erheblichen Ertragseinbußen geführt – und auch für dieses Jahr rechnen Experten mit deutlichen Einbußen. Phoma, SBR, Cercospora: Die Liste der Pflanzenkrankheiten und Erregern ist lang. Für Landwirte sind sie ein großes Problem.

Die Pilzerkrankung Phoma ist weltweit verbreitet und kann im Rapsanbau zu Ertragsverlusten von bis zu 20 Prozent führen. Die Einkreuzung neuer Resistenzgene ist daher ein wichtiger Schritt, um den Rapsanbau zu sichern. Foto: KWS

Pflanzenzüchter forschen mit Hochdruck an schädlingsresistenten Sorten. Pflanzenkulturen in Deutschland werden heute deutlich stärker von Schädlingen befallen als in den vergangenen Jahrzehnten, sagt Züchter Stefan Streng aus dem mittelfränkischen Uffenheim. "Wir haben mehr und mehr Schwierigkeiten mit Insektenübertragenden Krankheiten." Beispielhaft sei die Gerste, die oft von Zikaden befallen werde. Auch der Raps sei für Schädlinge anfällig, sagt Streng, weil die Pflanze ein Magnet für Insekten sei, vor allem im frühen Herbst.

Einfluss des Klimawandels

Doch Landwirten und Pflanzenzüchtern machen besonders neue Schädlinge zu schaffen, die von Süd nach Nord wandern. Grund dafür sei der Klimawandel, sagt Streng. "Wir haben zum Beispiel große Probleme mit dem SBR-Erreger. Er wird über Zikaden übertragen und befällt etwa die Zuckerrübe. Die Zikade sticht ins Rübenblatt und als Effekt wird der Zuckergehalt in der Rübe erniedrigt."

SBR steht für Syndrome Basses Richesses, auf deutsch: Syndrom des niedrigen Zuckergehalts. Auch Kartoffeln, Zwiebeln und Rote Rüben seien betroffen. "Das kennen wir erst seit ein paar Jahren; es wurden schon große Anbaugebiete infiziert wie in der Region Heilbronn oder in der Pfalz und in Franken.”

Steigender Befallsdruck und die nachlassende Wirksamkeit von Fungiziden machen es zunehmend schwierig, Cercospora zu kotrollieren.

So wie Strengs Unternehmen züchtet auch der Saatgut-Hersteller KWS schädlingsresiliente Pflanzensamen. Das Unternehmen sieht ebenso große Probleme beim Anbau von Zuckerrüben zukommen, etwa durch die Blattkrankheit Cercospora. "Steigender Befallsdruck und die nachlassende Wirksamkeit von Fungiziden machen es zunehmend schwierig, Cercospora zu kotrollieren", teilt das Unternehmen mit. Die Krankheit könne zu Ertragsverlusten von bis zu 50 Prozent kommen, so KWS.

Resistente Sorten als Lösung

Dagegen haben die Züchter sogenannte "CR+ Sorten" entwickelt. Sie sollen durch ihre Toleranz höchsten Schutz bei Cercospora-Befall bieten und hohe Erträge bieten. "Vor dem Hintergrund zunehmender Reglementierungen bei Pflanzenschutzmitteln und der Zunahme von Resistenzen des Schaderregers gegenüber Fungiziden gewinnt der Anbau blattgesunder Sorten an Bedeutung", so der Saatgut-Produzent. Um Nutzpflanzen resistenter gegen Schädlinge zu machen, gebe es in der Pflanzenzüchtung drei Möglichkeiten, erklärt Experte Streng.

Die Gentechnik zum einen verändert gezielt die DNA-Struktur einer Pflanze und macht diese so resistent. Gegen den Maiszünsler etwa haben Züchter eine Resistenz aus einem Bakterium in den Mais gentechnisch eingebaut, sagt Streng. “Der Mais produziert am Ende ein Toxin, das die Larve des Maiszünslers tötet.” In Europa ist der Anbau dieses Mais aber wegen des Gentechnik-Verbots nicht erlaubt.

Gentechnik und natürliche Schutzmechanismen

Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung von bereits bekannten, natürlichen Schutzmechanismen. Manche Pflanzen hätten bestimmte Aromen, die eine abwehrende Wirkung auf Insekten haben, so Streng. Knoblauch oder Lavendel zum Beispiel. “Als Züchter kann ich diesen Schutz verstärken oder in andere Kulturen übertragen, bei denen dieser natürliche Schutz nicht gut ausgeprägt ist.”

Der dritte Schlüssel für resilienteres Saatgut ist das Einkreuzen natürlicher Resistenzen in neue Sorten. “Die Pflanzen werden nicht resistent gemacht gegen den Schädling, sondern gegen die Vermehrung des Virus, den der Schädling trägt und beim Fressen oder Saugen auf die Pflanze überträgt”, erklärt Streng. “Das funktioniert gut.”

Ein Schlüssel für resilienteres Saatgut ist das Einkreuzen natürlicher Resistenzen in neue Sorten.

KWS hat so eine neue Rapssorte entwickelt; sie ist resistent gegen die Pilzerkrankung Phoma lingam, wie das Unternehmen mitteilt. “Die Pilzerkrankung Phoma ist weltweit verbreitet und kann im Rapsanbau zu Ertragsverlusten von bis zu 20 Prozent führen.” Besonders in Frankreich sei die Krankheit weit verbreitet. “Die Einkreuzung neuer Resistenzgene ist daher ein wichtiger Schritt, um den Rapsanbau zu sichern.” Zudem könnten die Sorten mit der neuen Resistenzquelle Landwirten dabei helfen, Fungizide einzusparen, so KWS. Das sei ein wichtiger Aspekt mit Blick auf eine nachhaltigere Landwirtschaft.

Auch gegen zwei Viruserkrankungen der Wintergerste konnte KWS resistente Sorten entwickeln: gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus und Weizenverzwergungsvirus. Die Sorte gegen das letztgenannte Virus wird 2025 erwartet.

Herausforderungen und Brückenlösungen

Züchter Stefan Streng denkt, dass künftig bestimmte Kulturen nicht mehr angebaut werden können – sollten noch mehr Krankheiten zu uns kommen, für die der Pflanzenschutz keine Mittel findet. “In gewissen Regionen in Deutschland könnte die Rübe stark zurückgehen oder gar verschwinden”, sagt Streng. “Aber wir gehen davon aus, dass wir als Züchter dafür Lösungen finden.”

Ein großes Problem sei, dass viele Pflanzenschutzmittel nicht mehr eingesetzt werden dürfen – und es künftig sehr schwierig werde, neue Mittel zuzulassen. “Es werden Pflanzenschutzmittel verboten, ohne Alternativlösungen zu haben”, sagt Streng. Er plädiert dafür, Brückenlösungen beizubehalten, bis die Züchtung Lösungen gefunden hat. “Aber im Moment wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht”, sagt der Pflanzenzüchter. “Und das kann zu großen Schäden führen.”

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