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Magazin Ausgabe 04/2025
04/2025
25. September 202525.09.25

Strenge Richtlinien bei Nachbau von Saatgut

Bundesverband der Maschinenringe e.V
weniger als eine Minute Lesezeit

Die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) vertritt die Interessen der Pflanzenzüchter. In dieser Funktion erhebt sie Nachbaugebühren von den Landwirten. Zu ihren Aufgaben gehört es aber auch, diejenigen aufzuspüren, die keine Nachbaugebühren zahlen oder rechtswidrig mit Saatgut handeln. Landwirte, die Saatgut selbst nachbauen wollen erfahren vom Maschinenring Magazin-Rechtsexperten Dr. Christian Halm, worauf sie achten müssen.

Dr. Christian Halm steht lächelnd vor einem großen, grünen Traktor.
Dr. Christian Halm steht lächelnd vor einem großen, grünen Traktor.

Dr. Christian Halm ist Fachanwalt für für Agrarrecht, Versicherungsrecht und Verwaltungsrecht. Für die Leser Maschinenring Magazins erklärt er komplexe, juristische Sachverhalte der Agrarbranche. Foto: Alexander Waas

Die wichtigsten Regeln in Kürze
  • Der Nachbau ohne die Zustimmung des Sortenschutzinhabers stellt eine Sortenschutzverletzung dar, der Konsequenzen für die gesamte Handelskette hat.
  • Der Sortenschutzinhaber hat in der Regel gegenüber dem Landwirt einen Anspruch auf Auskunft, Unterlassung und Schadensersatz. Der rechtswidrige Nachbau ist darüber hinaus strafbar und wird auf Antrag verfolgt (§ 39 SortSchG).
  • Was die Ansprüche der STV gegenüber dem Landhandel betrifft, sind diese im Einzelfall zu prüfen.
  • Nicht alle Erklärungen die der Landhandel von den Landwirten unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH verlangt, müssen akzeptiert werden. Hier kommt es auf die konkrete Formulierung an.
  • Ebenso müssen nicht alle Forderungen der STV gegenüber dem Landhandel akzeptiert werden.
  • Wer gegenüber dem Landhandel eine falsche Erntegutbescheinigung abgibt, muss damit rechnen, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
  • Welche Sortenschutzinhaber mit welchen Vertragssorten die STV vertritt, steht auf der homepage der STV.
Der Aufdruck eines Sackes voller Saatgut erklärt, dass dieses Saatgut sortenschutzrechtlich geschützt ist und der achbau nur gegen Zahlung einer Gebühr gestattet ist.
Der Aufdruck eines Sackes voller Saatgut erklärt, dass dieses Saatgut sortenschutzrechtlich geschützt ist und der achbau nur gegen Zahlung einer Gebühr gestattet ist.

Wer Saatgut nachbaut, muss sich an eine Reihe von Regeln halten. Foto: Landpixel

Auf der Suche nach Landwirten, die keine Nachbaugebühren zahlen oder rechtswidrig mit Saatgut handeln ist die Saatgut Treuhand (STV) durchaus kreativ. Um Anhaltspunkte für einen solchen Verstoß zu erhalten, betreiben deren Mitarbeiter eine intensive Datenauswertung. Als Anhaltspunkte gelten den STV-Mitarbeitern:

  • der Kauf von Z-Saatgut geschützter Sorten
  • bereits zuvor vorgenommener Nachbau geschüzter Sorten
  • die Aufbereitung von Saatgut geschützter Sorten (auch die Aufbereiter werden aufgefordert, Auskunft zu erteilen, für wen und in welchem Umfang sie Nachbausaatgut aufbereitet haben)
  • der Verkauf von Erntegut (Konsumware) geschüzter Sorten
  • die vertragliche Vermehrung von Saatgut geschüzter Sorten.

Auf der Grundlage dieser Anhaltspunkte verklagt die STV jedes Jahr eine Vielzahl von Landwirten, Aufbereiter und Händler. Ob die Klagen Erfolg haben, hängt häufig davon ab, ob die STV die erforderlichen Anhaltspunkte für einen Verstoß belegen kann.

Bei verdächtigen Inseraten in Bauernzeitungen schickt die STV nicht selten Testkäufer zu dem Landwirt, die diesen ausfragen und später als Zeugen in dem Klageverfahren gegen den Landwirt aussagen.
— Dr. Christian Halm
Fachanwalt für Agrarrecht

Bei verdächtigen Inseraten in Bauernzeitungen schickt die STV nicht selten Testkäufer zu dem Landwirt, die diesen ausfragen und später als Zeugen in dem Klageverfahren gegen den Landwirt aussagen.

Stellt sich heraus, dass ein nicht genehmigter Nachbau stattgefunden hat, verlangt die STV von dem Landwirt:

  • Schadensersatz in Höhe einer vollen Z-Lizenzgebühr statt der hälftigen Nachbaugebühr
  • die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung mit einer Vertragsstrafe für den Fall nochmaliger Zuwiderhandlung in Höhe von in der Regel 6.000 € und
  • sie verbietet, den aus einem unberechtigten Nachbau erzeugten Aufwuchs in den Verkehr zu bringen (Verbot der Vermarktung der Konsumware).

Seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. November 2023 (Az: X ZR 70/22) wird durch die STV zudem das gute Verhältnis zwischen Landwirt und Landhandel belastet. Laut dem BGH muss der Landhandel durch „geeignete Maßnahmen“ sicherstellen, dass das Erntegut von den Landwirten rechtmäßig erzeugt wurde. Leider hat es der BGH versäumt, in sein Urteil aufzunehmen, mitzuteilen, welche Maßnahmen er als geeignet ansieht.

Wann ist Erntegut rechtmäßig erzeugt?

Unproblematisch ist der Einsatz von Z-Saatgut. Nach dem sog. „Landwirteprivileg“ darf der Landwirt daneben das im eigenen Betrieb erzeugte Erntegut im eigenen Betrieb wieder ausssäen. Voraussetzung ist, dass die Nachbaugebühren (in der Regel 50 Prozent der Z-Lizenzgebühr) bis spätestens 30.6. gezahlt sind. Alternativ kann der Landwirt seinen betriebenen Nachbau bis zum 30.6. an die STV melden. Diese übernimmt dann die Berechnung der Nachbaugebühren und verschickt dies dazugehörende Rechnung.

Zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem BGH-Urteil bietet die STV für die Landwirte eine Erntegutbescheinigung an. Diese kann der Landwirt dem Landhandel vorlegen, um die rechtmäßige Erzeugung seines Ernteguts nachzuweisen.

Die Datenkrake droht

Der Nachteil ist, dass die Erntegut-Bescheinigung der STV eine vollständige Datenerfassung der Landwirte zum Ziel hat. Die Landwirte müssen bei der STV-Registrierung nicht nur Angaben über den An- und Nachbau von Ackerfrüchten machen. Abgefragt wird zusätzlich das Flächenverzeichnis aus der EU-Förderung und Daten über sämtliche Z-Saatgut-Käufe. Werden diese Daten nicht an die STV übermittelt, muss sich der Landwirt mit Hofkontrollen einverstanden erklären. Die Datenkrake lässt grüßen. Inwieweit diese Datensammlung gegen Artikel 5 Abs. 1 c der Datenschutzgrundverordnung verstößt, ist noch zu klären.

Dagegen könnte sprechen, dass die STV nicht nur Daten abfragt, die den Anbau von Sorten betreffen, deren Züchter sich von der STV bei der Erhebung der Nachbauentschädigung vertreten lassen. Darüber hinaus werden Angaben zum Anbau von Sorten verlangt, deren Sortenschutz ausgelaufen ist, von Populations- und Erhaltungssorten oder auch von Sorten von Züchtern, die von der STV nicht vertreten werden. Wer derartige Angaben macht, muss damit rechnen, dass sie auch zu seinen Lasten genutzt werden.

Die Annahme rechtswidrig erzeugten Saatguts

Wird der Nachbau zu spät (nach dem 30.06.) oder unvollständig gemeldet oder wird die Nachbauentschädigung nicht fristgerecht bezahlt, handelt es sich nicht um rechtmäßigen Nachbau. Nimmt der Landhandel solches Erntgut an, riskiert er, dass die STV für den Sortenschutzinhaber Ansprüche gegen ihn selbst geltend macht.

Der Landhandel muss „geeignete Maßnahmen“ ergreifen, um nachzuweisen, dass das von ihm gehandelte Erntegut legal erzeugt wurde. Anderenfalls verletzt der Händler selbst laut dem BGH die Sortenschutzrechte. Die Folge des Urteils ist, dass der Landhandel geeignete Maßnahmen zu Lasten des Landwirts ergreifen muss. Derzeit ist ungeklärt, welche Maßnahmen geeignet sind, wobei die STV einzig ihre eigene Erntegutbescheinigung akzeptiert. Mögliche geeignete Maßnahmen können sein:

  • Die Vorlage einer Erntegutbescheinigung der STV durch den Landwirt als Beleg dafür, dass das Erntegut rechtmäßig erzeugt wurde.
  • Die Unterzeichnung einer von Landhandel formulierten Erntegutbescheinigung durch den Landwirt. Darin versichert dieser, dass die Sortenschutzvorschriften bei der angelieferten Ware eingehalten sind. Eine solche Zusicherung kann in Rahmenverträgen, in Einzelkontrakten, in Ernteerklärungen oder bei der Anlieferung der Ware erfolgen. Sie kann schriftlich oder mündlich abgegeben werden und im Rahmen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zusätzlich dokumentiert werden. Einseitige Regelung in den AGB`s des Landhandels dürften nicht ausreichen.
  • Vereinzelt wird darüber hinaus die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Abgabe einer falschen Ernteguterbescheinigung zu Lasten des Landwirts verlangt.

Welche Maßnahmen als geeignet angesehen werden, müssen künftig die Gerichte entscheiden. Entsprechende Urteile liegen noch nicht vor.

Forderungen gegenüber dem Landhandel

Ist bestätigt, dass der Landwirt rechtwidrig Nachbau betrieben hat verlangt die STV vom Landhandel ebenfalls die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Danach soll es der Landhändler unterlassen, ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers Erntgut der aufgeführten Sorte

  • aufzubereiten,
  • zum Verkauf anzubieten,
  • zu verkaufen oder
  • sonst in den Verkehr zu bringen oder
  • zu einem der vorstehend genannten Zwecke aufzubewahren.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe von 20.000 € vorgesehen. Die STV vertritt die Auffassung, dass der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig besteht. Danach käme es nicht darauf an, ob der Landhandel Kenntnis von dem rechtswidrigen Nachbau hatte. Danach käme es nicht darauf an, ob der Landhandel Kenntnis von dem rechtswidrigen Nachbau hatte.

Darüber hinaus verlangt die STV Auskunft darüber

  • zu welchen Preis je Tonne das widerrechtliche erzeugte Material weiterverkauft wurde und
  • an wen es verkauft wurde

Ferner werden weitere Schadensersatzansprüche angekündigt.

Entwicklung beobachten

Ob derartige Ansprüche der STV gegenüber der gesamten Handelskette bestehen, müssen ebenfalls die Gerichte klären. Da der Landhandel „nur“ zu „geeigneten Maßnahmen“ verpflichtet ist, könnte die Vorlage selbst einer unrichtigen Erntegutbescheinigung den Anspruch der STV ggf. zu Fall bringen. Hier muss die weitere Entwicklung genau beobachtet werden.

Streitig ist darüber hinaus, ob sich die Unterlassungsverpflichtung auf die gesamte Sorte (so die STV) oder nur auf die Sorte des rechtswidrig nachbauenden Landwirts (so der DRV) bezieht.

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